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Europäischer Mindestlohn: Zweite Konsultationsphase gestartet

EU-Kommission legt zweites Konsultationspapier vor

Die EU-Kommission geht in den ersten Zeilen ihres zweiten Vorschlags auf die Folgen der COVID-19 Pandemie ein und hält fest, dass es jetzt von größter Bedeutung sei, dafür zu sorgen, dass Beschäftigte eine angemessene Entlohnung erhalten. Dies wird sowohl für die wirtschaftliche Erholung, als auch für den Aufbau widerstandsfähiger Volkswirtschaften von entscheidender Bedeutung sein. Gerechte Mindestlöhne spielen dabei eine wichtige Rolle.

Die EU-Kommission hält aber auch fest, dass sie weder die Festlegung eines einheitlichen europäischen Mindestlohnes, noch eine Harmonisierung der Systeme zur Festsetzung der Mindestlöhne anstrebt. Positiv hervorzuheben ist außerdem, dass kollektivvertraglichen Verhandlungssystemen künftig eine höhere Bedeutung zugemessen werden soll.

Auf die Vorbildwirkung im Beschaffungswesen wird ebenfalls hingewiesen: Öffentliche Auftragsvergaben sollen nur an Unternehmen gehen, die sich an eine kollektivvertragliche Bindung halten.

Laut Konsultationspapier will die EU-Kommission durch die Initiative zu gerechten Mindestlöhnen folgendes gewährleisten: 

    1) Gut funktionierende kollektivvertragliche Verhandlungssysteme zur Lohnfindung

    2) Nationale Rahmenbedingungen, die es ermöglichen gesetzliche Mindestlöhne nach klaren Kriterien festzulegen und regelmäßig anzupassen

    3) Die SozialpartnerInnen sind an der Festlegung des gesetzlichen Mindestlohns beteiligt um eine angemessene Höhe des Mindestlohns zu gewährleisten

    4) Ausnahmen (Junge, Hausangestellte, …) bei den Mindestlöhnen werden beseitigt oder zumindest begrenzt

    5) Überwachungsmechanismen sollen die Einhaltung nationaler Mindestlohnrahmen gewährleisten

    Wie auch in der ersten Phase der Konsultation hat die EU-Kommission jedoch keinen konkreten Vorschlag für ein Rechtsinstrument vorgelegt (Richtlinie oder Empfehlung) und auch keine konkreten Ziele definiert, die durch eine solche legislative Initiative erreicht werden sollten. Sie baut dafür auf die Expertise und die Inputs der Sozialpartner.

    Position der Europäischen Gewerkschaften

    Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) wird Ende August seine Antwort auf die Konsultation beschließen. Bis dahin arbeiten die nationalen Gewerkschaften und die Europäischen Branchenverbände an konkreten Vorschlägen und gemeinsamen Positionen. Das ist herausfordernd, da die Lohnfindungssysteme in der EU sehr unterschiedlich sind. Während 22 Mitgliedsstaaten einen gesetzlichen Mindestlohn haben – ergänzt um Kollektivverträge –, bauen 6 Länder ausschließlich auf Kollektivverträge. Österreich ist mit 98 % KV-Abdeckung Spitzenreiter.

    In ersten Reaktionen begrüßt der ÖGB, dass kein Land dazu verpflichtet werden soll, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen, wenn es funktionierende Kollektivvertragssysteme gibt und die Sozialpartner keine Notwendigkeit für einen gesetzlichen Mindestlohn sehen. Das muss jedenfalls abgesichert sein.

    Es ist nicht nur vor dem Hintergrund der COVID-19 Krise wichtig, ein gutes europäisches Instrument für faire Löhne zu schaffen. Insbesondere seit der Wirtschafts- und Finanzkrise sind in den meisten Staaten die Abdeckungsraten von Kollektivverträgen zurückgegangen. Die letzten Jahre haben zwar einen wirtschaftlichen Aufschwung gebracht, die Löhne sind aber zurückgeblieben. Das führt auch zu einem starken Lohn-Gap innerhalb Europas, der sozial- und arbeitsmarktpolitisch negative Konsequenzen hat.

    Die Gewerkschaften werden sich aktiv in die Konsultation und in die Gestaltung eines europäischen Instruments für faire Mindestlöhne in Europa einbringen.

    Informationen zur ersten Phase des Konsultationsprozesses sind hier zu finden.