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Angemessene Arbeitsbedingungen in der Gebäudereinigung

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) hat im September 2020 eine Stellungnahme zur Vergabe öffentlicher Aufträge an die Gebäudereinigungs- bzw. Gebäudedienstleistungsbranche beschlossen. Im Mittelpunkt stehen Empfehlungen zur Förderung von guten Arbeitsplätzen und angemessenen Arbeitsbedingungen im Einklang mit der Erfüllung von Umwelt- und Klimavorgaben.

Arbeit im Reinigungssektor – prekär und schlecht bezahlt

Über 4 Millionen Menschen arbeiten in der EU im Reinigungssektor, die meisten davon sind Frauen, viele sind MigrantInnen. Häufig findet diese Arbeit nachts oder in geteilten Schichten spät abends und früh morgens statt. Das führt nicht nur dazu, dass Reinigungskräfte in der Gesellschaft quasi unsichtbar sind. Dieser Umstand hat auch Auswirkungen auf die Familien und das Sozialleben dieser Beschäftigten.

Öffentliche Auftragsvergaben: Arbeitsrechte, Sozial- und Umweltstandards im Abseits

Jedes Jahr geben über 250.000 öffentliche Stellen in der EU rund 14% des Bruttoinlandsproduktes (ca. 2 Billionen Euro) für die Beschaffung von Dienstleistungen, Bauleistungen und Lieferungen aus. Die Gebäudereinigung stellt dabei den größten Teil der öffentlichen Auftragsvergabe dar. Im Jahr 2017 wurden mehr als 250 Milliarden Euro dafür aufgewendet.

Geregelt wird die öffentliche Auftragsvergabe auf europäischer Ebene durch die EU-Vergaberichtlinie 2014/24. Darin ist festgeschrieben, dass die Vergaben nach dem Prinzip des „wirtschaftlich günstigsten Angebot“ zu passieren haben. In dieser Richtlinie sind jedoch auch die Schaffung und Sicherung hochwertiger Arbeitsplätze oder eine ressourcen- und energieeffiziente Kreislaufwirtschaft vorgesehen. Da diese Vorschriften jedoch zu unkonkret und unverbindlich ausgestaltet sind, wird der Großteil der öffentlichen Aufträge an jene Bieter mit dem preislich niedrigsten Angebot vergeben.

Zahlreiche konkurrierende Marktteilnehmer in diesem Sektor erzeugen einen enormen Preisdruck, der zu schlechten Arbeitsbedingungen führt und Umweltkriterien meist hintanstellt. Um dem entgegenzuwirken, fordert der EWSA öffentliche und private Auftraggeber auf, faire Vergabepraktiken anzuwenden und Qualitätskriterien stärker zu berücksichtigen. Die Verwendung des niedrigsten Preises als einziges Zuschlagskriterium bei öffentlichen Aufträgen untergräbt die Erbringung hochwertiger Dienstleistungen und trägt zur Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen bei.

EWSA-Schlussfolgerungen zur Überarbeitung der EU-Vergaberichtlinie

Der EWSA spricht sich im Zuge der Überarbeitung der Vergaberichtlinie 2014/24 dafür aus, dass die EU-Institutionen, die Mitgliedstaaten und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Auftragsvergabe einen umfassenden Ansatz verfolgen. Im Rahmen der Stellungnahme stehen diese Empfehlungen zwar im Kontext des Reinigungssektors, sie können aber auch in anderen Sektoren Anwendung finden.

Bei Auftragsvergaben müssen Arbeitsbedingungen und Umwelterwägungen eine wesentliche Rolle spielen. Sozialer Zusammenhalt, Arbeitsstandards, die Gleichstellung der Geschlechter und die im Grünen Deal der Kommission vorgeschlagenen Umweltziele müssen durch eine überarbeitete öffentliche Auftragsvergabe gemeinsam vorangetrieben werden.