Digitalisierung global gestalten
Der digitale Wandel bringt Herausforderungen und Chancen, die die Gewerkschaften aktiv angehen wollen. Umso wichtiger ist es für Gewerkschaften, sich national und international vorzubereiten und gemeinsam Strategien zu entwickeln. Zu diesem Zweck trafen sich am 6. Juli 2017 Christina Colclough (UNI Global) und Agnes Streissler-Führer (GPA-djp) in Wien.
Global unterschiedliche Auswirkungen
Die GPA-djp arbeitet intensiv daran, Digitalisierungstendenzen in Österreich einzuschätzen, zu analysieren und Forderungen abzuleiten. Themen wie Datenschutz, Arbeitsmarkt, Branchenentwicklung, Entgrenzung von Arbeit, betriebliche Mitbestimmung uvm. werden dabei behandelt.
Digitalisierung ist aber eine globale Dynamik. Die UNI Global, als weltweiter Dachverband von Dienstleistungsgewerkschaften, setzt sich daher stark mit internationalen Trends auseinander. Der Prozess birgt für ArbeitnehmerInnen in Entwicklungsländern ganz andere Gefahren als wir sie in Europa kennen.
Neoliberale Trends
Colclough und Streissler-Führer stimmten darin überein, dass neue Technologien und Entwicklungen Chancen bieten, die wir im Sinne der Menschen gestalten können und müssen. Gefahr geht nicht vom technologischen Fortschritt aus, sondern davon, wie dieser angewandt wird – aktuell nutzen ihn vor allem neoliberale Kräfte für ihre Profite.
Ob es die WTO ist, Konzerne oder die „very good friends of TiSA“ – sie alle arbeiten daran, staatlichen Handlungsspielraum maximal einzuschränken. Ziel ist es etwa, ungehemmt von Zöllen und Auflagen mit Gütern, Dienstleistungen und Daten international zu handeln. Um dies zu erreichen, sollen Staaten zukünftig auf regulatorische Maßnahmen verzichten, ausländische Firmen – ohne lokale Präsenz in einem Land – sollen denselben Marktzugang bekommen wie inländische. Das bedeutet jedoch eine massive Wettbewerbsverzerrung, die sich auf Löhne, Arbeitsrecht und KonsumentInnenschutz negativ auswirken kann und wird.
Ebendiesen profitorientierten Interessen entgegenwirken – das ist das Ziel von Colclough und Streissler-Führer. Gemeinsam werden die Gewerkschaften international daran arbeiten, Digitalisierung fair zu gestalten, sodass sie den Menschen zugutekommt. Dafür muss über die Definition von „ArbeitnehmerIn“ (Stichwort: Plattformarbeit und neue Selbstständige) gesprochen werden, wie über ethische Künstliche Intelligenz, das Recht auf Daten uvm.
Besuch in der Pilotfabrik Aspern
Teil des Programms im Zuge des Wien-Besuchs von Christina Colclough war eine „Fact-Finding-Mission“ in die Pilotfabrik Industrie 4.0 der TU Wien in Aspern. Dort wird erforscht und ausprobiert, wie intelligente Produktion funktioniert.
Aus gewerkschaftlicher Sicht war es interessant, sich neue Fertigungsverfahren anzuschauen und über die Rolle von Mensch, Daten und Maschine zu reflektieren. Stark diskutiert wurde, inwiefern technische Hilfsmittel, die den Menschen bei der Produktion unterstützen, Vorteile bieten oder Kontrolle und Druck erhöhen. Dies gilt insbesondere bei sensorisch unterstützten Arbeitsschritten: Hier kann die künstliche Intelligenz gesundheitsfördernde Tipps und Anleitung geben (Körperhaltung, Notwendigkeit einer Pause, …), aber auch Daten liefern, die ArbeitgeberInnen detaillierte Informationen über ihre Beschäftigten geben.