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Ein Nachhaltiges Europa – Eine Nachhaltige Zukunft

Finnland übernimmt in der zweiten Jahreshälfte 2019 den EU-Ratsvorsitz

Mit 1. Juli 2019 übernahm Finnland die EU-Ratspräsidentschaft und setzte programmatisch einen Schwerpunkt zum Thema Nachhaltigkeit. Dabei sollen gemeinsame europäische Werte gestärkt, die Wettbewerbsfähigkeit erhöht und soziale Inklusion ermöglicht werden. Das Wohlbefinden sowie der Wohlstand von EU-BürgerInnen soll durch gesellschaftlichen Fortschritt und die Bekämpfung von Ungleichheiten in den Mittelpunkt gerückt werden. Beim Klima- und Umweltschutz soll die EU eine globale Führungsrolle einnehmen.

„Stärkung der gemeinsamen Werte und des Rechtsstaatsprinzips“

Die prioritäre Anordnung dieses Themas ist vor allem den demokratiepolitisch und rechtsstaatlich bedenklichen Entwicklungen der vergangenen Jahre in mehreren osteuropäischen Staaten geschuldet. Finnland möchte die EU als Wertegemeinschaft hervorheben und Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit sowie die Wahrung der Menschenrechte besonders betonen. Der Vorsitz will die Einhaltung dieser gemeinsamen Grundsätze in den Mitgliedstaaten sicherstellen und auch für die Zukunft garantieren. Die Verhandlungen zur Koppelung von EU-Fördermitteln an die Einhaltung rechtsstaatlicher Kriterien sollen zum Abschluss gebracht werden. 

„Eine wettbewerbsfähigere und sozial inklusivere Union“

Europaweit soll der Kampf gegen die nach wie vor hohe Jugendarbeitslosigkeit weitergeführt werden. Das Hauptaugenmerk der finnischen Ratspräsidentschaft liegt auf Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit sowie der Schaffung von Arbeitsplätzen. Dies soll durch eine Stärkung des Binnenmarktes und eine ambitionierte, regelbasierte Handelspolitik ermöglicht werden. Die EU soll zur wettbewerbsfähigsten und sozial stärksten Wirtschaftsmacht mit den gelichzeitig niedrigsten CO2 Emissionen der Welt werden.

Positiv hervorzuheben ist der vom finnischen Vorsitz gelegte Fokus auf die konsequente Weiterentwicklung der Europäischen Säule sozialer Rechte, insbesondere bei der Durchsetzung und Verbesserung von Arbeits- und Sozialstandards. Als besonders schützenswert werden hier auch die Arbeitsbedingungen jener ArbeitnehmerInnen betrachtet, die innerhalb der EU-Staaten entsendet werden – damit einher geht die Notwendigkeit der Europäischen Arbeitsbehörde. Begrüßenswert ist auch die Forderung nach einer europaweit aktiven Industriepolitik sowie einer Stärkung des Dienstleistungssektors.

Wohlstand und Wissen als Grundsteine inklusiven Wachstums

Der finnische Vorsitz sieht einen europaweiten Fachkräftemangel als Herausforderung für die Zukunft. Es wird daher das Ziel formuliert, das europäische Bildungs- und Forschungsniveau stark anzuheben. Die EU benötige im Zuge dessen eine umfassende Strategie für lebenslanges Lernen, in der Umbrüche in der Arbeitswelt sowie die Digitalisierung Berücksichtigung finden. Neue Arbeitsformen sollen darauf überprüft werden, ob aktuelle Arbeits- und Sozialschutzgesetzgebungen diesen Entwicklungen noch gewachsen sind. Weitere Maßnahmen zur Gleichstellung von Mann und Frau im Arbeitsleben müssen ebenso ergriffen werden. Als Priorität wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Abschaffung des länderspezifischen Lohngefälles genannt.

Hin zu einer inklusiven Wirtschaftsunion

Unter diesem Überbegriff soll die Diskussion rund um die Digitalsteuer auf OECD-Ebene fortgeführt werden. Eine Konkretisierung zur Ausgestaltung dieses Besteuerungsmodells bleibt jedoch ausständig – das wird wohl zwischen den Mitgliedsstaaten verhandelt werden müssen. Steuerhinterziehung sowie der schädliche Steuersenkungswettlauf sollen ebenso bekämpft werden, abgesehen von dem Verweis auf eine engere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bleibt die Suche nach konkreten Maßnahmen hier jedoch erfolglos.

„Die Stärkung der EU als globaler Vorkämpfer für den Klimaschutz“

Die EU soll ihr Profil als globaler Vorkämpfer für Nachhaltigkeit und Klimaschutz schärfen. Um dies zu ermöglichen will die finnische Präsidentschaft zentrale Elemente der langfristigen EU-Klimastrategie definieren, die eine CO2-Neutralität im Jahr 2050 vorsieht.

„Die Gewährleistung umfassender Sicherheit für die europäische Bevölkerung“

Die finnische Regierung spricht von einer starken Verknüpfung von innerer und äußerer Sicherheit, welche nur durch eine engere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten garantiert werden kann. Um internationale Konflikte künftig besser verhindern zu können, sollen Instrumente wie Diplomatie, Handelspolitik und Entwicklungshilfe stärker zum Einsatz kommen. Gleichzeitig soll die innere Sicherheit durch eine intensivere Zusammenarbeit und dem Kampf gegen Kriminalität und Ungleichheit erhöht werden.

Gewerkschaftliche Bewertung

Die finnische Sozial- und Gesundheitsministerin Aino-Kaisa Pikonen forderte bei ihrer Rede im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss am 18. Juli in Brüssel „ein gutes Leben für alle“ und dass die Menschen und ihre Bedürfnisse im Mittelunkt der EU-Politik stehen müssen. Sie stellte klar, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels sozial verträglich sowie mit einem nachhaltigen Wachstum und mehr Beschäftigung gekoppelt sein müssen.

Das deckt sich weitgehend mit den Forderungen, die der ÖGB bereits an den österreichischen EU-Ratsvorsitz gestellt hatte. Die finnische Ratspräsidentschaft legt einen starken Fokus auf die innere Weiterentwicklung der EU zum Wohle der BürgerInnen. Unter dem Begriff der „Ökonomie des Wohlbefindens“ strebt sie an, Ungleichheiten abzubauen und gesellschaftliche Stabilität zu schaffen. Nur durch konkrete Maßnahmen und mit politischem Willen kann sozialer Fortschritt in Europa erreicht werden.