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Ein sozialer und nachhaltiger Wiederaufbauplan für Europa

Schwerste wirtschaftliche Krise der letzten 90 Jahre

Europa durchlebt aktuell die schwerste wirtschaftliche Krise der letzten 90 Jahre. Berechnungen der Europäischen Zentralbank zufolge wird die Wirtschaft in der EU heuer um bis zu 15% einbrechen - das Dreifache des Ausmaßes der Krise von 2008. Verschiedene Schätzungen gehen davon aus, dass in Europa bis zu 55 Millionen Arbeitsplätze in Gefahr sind, von denen einige für immer verloren gehen werden. Die EU hat sich daher zurecht dafür entschieden, einen Wiederaufbaufonds einzurichten, mit dem die Europäische Wirtschaft nach der Krise wieder in Gang gebracht werden soll.

Sozialer und nachhaltiger Wiederaufbauplan für Europa

Die Gruppe der ArbeitnehmerInnen im EWSA hat Empfehlungen für einen sozialen und nachhaltigen Wiederaufbauplan für Europa erarbeitet. Dieser sieht einen kurz- und mittelfristigen Sanierungs- bzw. Wiederaufbaufonds vor, bei dem Solidarität, Nachhaltigkeit sowie Schutz und Mitbestimmung der Beschäftigten im Vordergrund stehen. Denn die Bemühungen, die europäische Wirtschaft wieder anzukurbeln, werden nur dann erfolgreich sein, wenn die SozialpartnerInnen in den Prozess einbezogen und kollektivvertragliche Verhandlungssysteme geschützt und gefördert werden.

Kurzfristige Maßnahme: Ein Sanierungsplan um die Wirtschaft anzukurbeln und den ökologischen Übergang sowie die digitale Transformation zu meistern

Die EU braucht als erste und unmittelbare Maßnahme ein Konjunkturprogramm, um die Wirtschaft anzukurbeln. Im Einklang damit soll ein fairer ökologischer Übergang sowie die digitale Transformation unserer Gesellschaften herbeigeführt werden. Der soziale Zusammenhalt soll durch Investitionen in den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und die Bereitstellung erforderlicher Mittel für öffentliche Dienste, Bildung, Forschung und Entwicklung gewährleistet werden.

Dieser Sanierungsplan sollte nicht nur Darlehen, sondern auch Zuschüsse vorsehen, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten ihre Verschuldung nicht erhöhen müssen, um aus der Krise herauszukommen. 

Mittelfristige Maßnahme: Ein sozialer Wiederaufbauplan

Sobald die Pandemie vorüber ist, muss die EU einen wirksamen Wiederaufbauplan in Höhe von 1,5-2 Billionen Euro verabschieden, um die negativen sozialen Auswirkungen der Krise in Form von Arbeitslosigkeit, Armut und Ungleichheit zu bekämpfen. Die Finanzierung dieses Wiederaufbauplans soll einerseits durch die gemeinsame Aufnahme von Schulden, beispielsweise in Form von Eurobonds, erfolgen. Andererseits sollen aber auch durch eine faire Besteuerung multinationaler Konzerne, sowie neuer EU-Eigenmittel, wie etwa einer CO2-Steuer, einer Digitalsteuer oder der Finanztransaktionssteuer, neue Mittel zur Verfügung stehen.

Die Umsetzung dieses Wiederaufbauplans muss vor allem durch eine stärkere Beteiligung der SozialpartnerInnen auf nationaler und europäischer Ebene gekennzeichnet sein.

Die Mittel sollen vor allem in die Gesundheits- und Sozialsysteme sowie in die Erhaltung von Beschäftigung fließen. 

Nach der Krise: Ein neues Modell für Europa

Die COVID-19-Krise hat die vertraglichen Grenzen und Defizite der Europäischen Union verdeutlicht. Es braucht daher ein neues europäisches Modell, dessen Hauptziel die Verbesserung von Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen ist. Deshalb wird es notwendig sein, die nächste Konferenz über die Zukunft Europas mit der Möglichkeit von Vertragsänderungen auszustatten, einschließlich eines Protokolls über den sozialen Fortschritt, das in die EU-Verträge aufgenommen wird. 

Dieses Bedürfnis nach sozialem Fortschritt wird in dieser Krise bei Schlüsselarbeitskräften im Gesundheits-, Dienstleistungs- und Sozialbereich besonders deutlich. Viele dieser Arbeitsplätze sind unterbezahlt und trotz ihrer wesentlichen Bedeutung auf dem Arbeitsmarkt unterbewertet.

Die Mitbestimmung der Beschäftigten sowie die Stärkung kollektivvertraglicher Verhandlungsmodelle werden daher grundlegende Elemente der Erholung und des Wiederaufbaus der europäischen Wirtschaft sein. Die Mitsprache der Beschäftigten, in Form von Information, Anhörung und Mitbestimmung ist von grundlegender Bedeutung. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass die Rechte der ArbeitnehmerInnen im Vordergrund stehen und die Unternehmen sozial, nachhaltig und politisch verantwortlich handeln.