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Erste Schritte zur „Sozialbilanz“ in börsennotierten Unternehmen

Das neue Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeg)

Beitrag zum IFAM / GPA-djp Workshop am 23. Februar 2017 in der AK Wien

„Soziale Verantwortung der Unternehmen“ – wer hat das nicht bereits gehört und in zahlreichen Hochglanzbroschüren gelesen? Wer kennt sie nicht, die schönen Worte in den deklarierten Zielsetzungen der großen Unternehmen und Konzerne – weltweit und auch in Österreich.

Soziale Verantwortung der Unternehmen – bislang eine rein freiwillige Veranstaltung

Wenn es mehr sein soll als eine reine Marketingstrategie von Unternehmen, ihren profitabilitätsorientierten Zielvorgaben eine soziale und ökologische Masche umzuhängen, dann reden wir über Sozialberichterstattung. In der Praxis regiert hier bislang nahezu ausnahmslos das Prinzip der Freiwilligkeit.

  • CSR („Corporate Social Responsibility“) - entlang einer Definition der EU-Kommission definiert als „eine freiwillige Verpflichtung der Unternehmen, auf eine bessere Gesellschaft und eine sauberere Umwelt hinzuwirken.“
  • Auf freiwilliger Basis sollen soziale und ökologische Belange in die Unternehmenstätigkeit Eingang finden.
  • Leitmaxime dabei: das Vertrauen auf den Markt; die Nachfrage würde schon gesellschaftlich verantwortliche Unternehmen belohnen.

Nett gedacht, aber – wie die Erfahrung zeigt: am Ziel weit vorbei. Zehn Jahre nach den ersten Bemühungen, die Unternehmen stärker zu gesellschaftspolitisch verantwortlichem Handeln zu bewegen, zieht die EU-Kommission im Jahr 2011 eine ernüchternde Zwischenbilanz und will mit einer neuen „EU-Strategie für die soziale Verantwortung der Unternehmen“ gegensteuern.

Der wichtigste Baustein dabei: Ein Aktionsplan für „soziale Verantwortung der Unternehmen“, der u.a. die integrierte finanzielle und nichtfinanzielle Berichterstattung als Ziel vorsieht. Nicht mehr die freiwillige „Mehrleistung“ zu gesetzlich vorgegebenen Minimalanforderungen sollte die Messlatte für CSR sein, sondern die dokumentierte Verantwortung der Unternehmen für die Auswirkungen ihres Handelns.

Das neue Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz soll mehr Verbindlichkeit bringen

Durch die EU-Richtlinie 2014/95/EU über die „Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen“ soll dieser höhere Grad an Verbindlichkeit in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. In Österreich erfolgte diese Umsetzung durch das Ende letzten Jahres verabschiedete Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG).

  • Es gilt für große Kapitalgesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem Interesse sind und mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen.
  • Diese Unternehmen müssen in ihren künftigen Lagebericht eine nichtfinanzielle Erklärung aufnehmen.
  • Es ist davon auszugehen, dass derzeit in Österreich etwa 125 Gesellschaften von dieser Regelung betroffen sind.

Es soll nicht verschwiegen werden, dass die Gewerkschaft und die Arbeiterkammern gerne mehr Unternehmen von dieser Verpflichtung erfasst gesehen hätten. Darüber hinaus wurde im Vorfeld auch eine detaillierte, inhaltliche Prüfung durch unabhängige Dritte, wie zum Beispiel Wirtschaftsprüfer, verlangt. Denn nur eine externe Prüfung gibt Sicherheit, dass die publizierten Daten korrekt sind und die Darstellung angemessen und ausgewogen ist. Leider ist der Gesetzgeber diesen Forderungen nicht gefolgt und hat sich streng an den Mindestvorgaben der EU orientiert.

Einige Erfolge konnten im neuen Gesetz dennoch erreicht werden

Die nichtfinanzielle Erklärung ist von Rechts wegen vom Aufsichtsrat zu prüfen. In den Erläuterungen zum Gesetz konnten jene Angaben präzisiert werden, die zu den Arbeitnehmerbelangen zu machen sind.

  • Neben Daten zur Gesundheit und zur Sicherheit am Arbeitsplatz
  • soll auch über Aus- und Weiterbildungsaktivitäten
  • und über die Beschäftigtenentwicklung, differenziert nach Vertragsarten, Arbeitszeit, Fluktuation und Einkommensentwicklung berichtet werden.

Darüber hinaus konnte auch die sog. Gobal Reporting Initiative (GRI) in ihrer umfassenden Variante als sicherer Hafen definiert werden: Berichten Unternehmen nach diesem hohen Transparenzstandard, erfüllen sie jedenfalls die gesetzlichen Verpflichtungen.
So betrachtet, bietet das NaDiVeG echte Chancen für eine neue Qualität in der Sozialberichterstattung, auch wenn der Gesetzgeber vieles noch offen gelassen hat. Deswegen wird es auch von den Arbeitnehmervertretungen abhängen, ob diese Chancen genutzt werden:

  • von den Betriebsräten in den Aufsichtsräten und
  • von den Gewerkschaften und der AK, die Betriebsräte beim Umgang mit diesem neuen Tool der Interessenvertretung unterstützen

Wolfgang Greif, GPA-djp
Abt. Europa-Konzerne-Internationales