Zum Hauptinhalt wechseln

Europäischer Mindestlohn: Konsultation der Sozialpartnerschaft

Stagnierende Löhne veranlassen EU-Kommission zum Handeln

Als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise wurden ArbeitnehmerInnen- und Gewerkschaftsrechte europaweit nicht mehr ausreichend geschützt. Das hat zu prekären Beschäftigungsverhältnissen, schlechten Arbeitsbedingungen, sinkenden KV-Abdeckungsraten und in Folge dessen zu stagnierenden Löhnen in fast allen Mitgliedstaaten geführt. Die positive wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre bildete sich nicht entsprechend in Lohnzuwächsen ab.Die EU-Kommission hat daher die Initiative für einen Aufwärtstrend in der Lohnpolitik ergriffen. Ihr aktueller Vorschlag fokussiert sich jedoch viel zu sehr auf die weitere Einführung und Stärkung von (gesetzlichen) Mindestlöhnen, was zeigt, dass die EU-Kommission die Problematik nur teilweise erkannt hat.

EGB Priorität: Sicherstellung, Stärkung und Förderung sektoraler KV-Verhandlungen

Faire Mindestlöhne können nur durch gute und starke KV-Verhandlungen geschaffen werden, die die gesamte Lohnstruktur in den Mitgliedstaaten erhöhen und damit auch das Niveau der Mindestlöhne anheben. Der EGB fordert daher, dass jede EU-Initiative in diesem Bereich einem doppelten Ansatz gerecht werden muss.

1) Förderung und Sicherung von KV-Verhandlungen, insbesondere von sektoralen Kollektivverhandlungen und

2) Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes auf ein Niveau, bei dem ein angemessener Lebensstandard gewährleistet werden kann. 

Autonomie der Sozialpartnerschaft darf keinesfalls eingeschränkt werden

Es muss außerdem sichergestellt werden, dass jegliche EU-Maßnahmen in diesem Bereich die Autonomie der SozialpartnerInnen, was Verhandlungen zu Arbeitsbedingungen oder Lohnuntergrenzen betrifft, nicht einschränken oder unterwandern können. In jenen Staaten, in denen die Lohnfindung über die nationale Sozialpartnerschaft autonom funktioniert, dürfen keine gesetzlichen Mindestlöhne eingeführt werden, wenn die SozialpartnerInnnen das nicht für notwendig erachten. Darüber hinaus sollte es eine Verpflichtung für jene Länder geben, in denen die KV-Abdeckungsrate unter 70% liegt, Maßnahmen in Absprache mit den SozialpartnerInnen zu ergreifen, um die KV-Verhandlungen zu fördern und das Niveau der Abdeckungsraten anzuheben.

Nächste Schritte im Konsultationsverfahren

Auch der Europäische ArbeitgeberInnenverband (Business Europe) hat seine Antwort zum Konsultationsdokument bereits eingereicht und kommt zu dem Entschluss, dass die EU keine Zuständigkeit für die Einführung eines Rechtsinstruments über Mindestlöhne hat. Die Kommission wird die beiden Stellungnahmen nun prüfen. Kommt sie dabei zu der Entscheidung, dass Handlungsbedarf besteht, wird sie gemäß Artikel 154 (3) AEUV eine zweite Phase der Anhörung der SozialpartnerInnen zum geplanten Inhalt des Vorschlags einleiten. Geplanter Start für die zweite Konsultationsphase ist der 29. April 2020. Für diese fordert der EGB die Kommission nachdrücklich dazu auf, über die exakte Rechtsform der Initiative (Empfehlung oder Richtlinie) Klarheit zu schaffen.