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EWSA gegen Elektronische Dienstleistungskarte

Gefahr des "Herkunftslandprinzips" durch die Hintertür

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA/EESC) hat in seiner letzten Sitzung mit großer Mehrheit eine sehr kritische Stellungnahmen gegenüber den Plänen der Europäischen Kommission, eine elektronische Dienstleistungskarte („Services E-Card“) einzuführen, geäußert. Diese Dienstleistungskarte ist Kernstück eines "Binnenmarktpakets", das den Dienstleistungsverkehr zwischen Mitgliedsstaaten erleichtern soll. Der EWSA sieht diese Bemühungen positiv, warnt aber vor einer Einführung des Herkunftlandprinzips durch die Hintertür und vor Erleichterungen für Lohndumping und Steuerhinterziehung.

Die "Services E-Card"

Bei der Elektronischen Dienstleistungskarte handelt es sich um ein vereinfachtes elektronisches Verfahren, das es Unternehmensdienstleistern (z.B. Ingenieurbüros, IT-Berater, Messeveranstalter) und Baudienstleistern erleichtern soll, die Verwaltungsformalitäten bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten zu erfüllen. Sie soll im Herkunftsland der Arbeitskraft ausgestellt werden. Ob dort die Voraussetzungen eines ordnungsgemäßen Einsatzes tatsächlich vorliegen, lässt sich am Arbeitsort aber nicht kontrollieren.

Kritik der Gewerkschaften

Aufnahmeländern würde es praktisch unmöglich gemacht, die Daten der Dienstleistungskarte zu überprüfen, dadurch erleichtere sie die Umgehung kollektivvertrags-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Standards durch unseriöse Entsende-Unternehmen und behindere die Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten der Arbeitsinspektionen. Die Gründung von Briefkasten- und Scheinfirmen und Möglichkeiten des Lohndumpings würden damit Tür und Tor geöffnet, außerdem entspreche diese "Entmachtung" der Aufnahmeländer einer Einführung des Herkunftslandprinzips durch die Hintertür.

"Diese Initiative der Europäischen Kommission ist kontraproduktiv bei der notwendigen Gestaltung fairer Mobilität am europäischen Binnenmarkt", so der Internationale Sekretär Wolfgang Greif, selbst Mitglied des EWSA. "Es ist ein wirklich gutes Zeichen, dass es im Ausschuss eine breite Allianz aus Arbeitgebern, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft gibt, die sich gegen völlig überzogene Liberalisierungsschritte bei der künftigen Dienstleistungserbringung stellt."

Lohn- und Sozialdumping effektiver bekämpfen

Der EWSA empfiehlt einen positiven Ansatz, um bestehende Registrierungs- und Qualifikationssysteme effektiver zu gestalten und den Informationsaustausch zu verbessern. Der Schlüssel zu einem funktionierenden Binnenmarkt für Dienstleistungen sei gegenseitiges Vertrauen der Mitgliedsstaaten. Deswegen biete sich außerdem an, eine Initiative zur Erfassung zusätzlicher Informationen über die Auswirkungen zunehmender grenzüberschreitender Tätigkeiten zu starten. Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen sollten berücksichtigt werden, aber im Fokus müssten Themen wie Beschäftigung, Arbeitsbedingungen und Verbraucherschutz liegen. Wenn objektiv Probleme festgestellt werden, könnten diese angegangen werden, um das Vertrauen der Mitgliedstaaten langfristig zu erhöhen.

"Die Pläne der Kommission bestätigen die Skepsis der Gewerkschaften, die sich bereits vor gut 10 Jahren im Zuge der Verabschiedung der sogenannten EU-Dienstleistungsrichtlinie gegen die Aushebelung von Standards bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen gestellt hat. Wir werden auch heute nicht zuschauen, wie still und heimlich das Prinzip wieder auf den Tisch kommt, dass sich Unternehmen nur mehr an Standards ihres Heimatlandes halten müssen", so Wolfgang Greif schlussfolgernd.