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Frankreich: Angriffe auf Arbeitsrechte

Macron legt Reformvorschlag vor

Der französische Präsident hatte bereits im Wahlkampf Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft und zur Senkung der Arbeitslosigkeit angekündigt – dass dies u.a. eine Schwächung der nationalen Kollektivverträge mit sich bringen würde, war ebenso bekannt.

Reformvorschlag Arbeitsrecht

Am 28. Juni legte Frankreichs Arbeitsministerin Muriel Pénicaud dem Ministerrat die Eckpunkte einer Arbeitsrechtreform vor. Dieser umfasst u.a.:

  • Vorrang betrieblicher Vereinbarungen vor nationalen/Branchen-Kollektivverträgen
  • Lockerung des Kündigungsschutzes
  • Zusammenlegung betrieblicher Vertretungsstrukturen

Das Bemerkenswerte ist darüber hinaus der legislative Prozess: Nicht das Parlament wird über das Gesetz selbst abstimmen, es soll Ende Juli nur eine Vollmacht an die Regierung erteilen, die Änderungen als Verordnungen zu erlassen. Im Herbst soll die Nationalversammlung dann das Gesamtpaket in Gesetzesrang erheben. Da Macrons Partei „La République en Marche“ (auf europäischer Ebene will sie sich dem liberalen Bündnis ALDE anschließen) die Mehrheit im Parlament besitzt, ist davon auszugehen, dass diese Vorgehensweise auf Zustimmung stößt.

Inhaltliche Bewertung

Der präsentierte Vorschlag enthält derzeit noch wenig konkrete Maßnahmen, weswegen die meisten großen Gewerkschaftsbünde ankündigten, im Sommer weiterhin Verhandlungen zu führen, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen.

Die gesamte Tragweite des Reformpakets ist also noch nicht abschätzbar. Die angekündigten Maßnahmen lassen jedoch in gewissen Bereichen bereits Schlussfolgerungen zu. Sie sind zudem im wirtschaftspolitischen Kontext zu sehen, da Macron bspw. auch plant, die Unternehmenssteuer von 33 % auf 25 % zu senken.

Macron greift – entgegen erster Einschätzungen – die 35-Stunden-Woche nicht direkt an. Auch sollen Branchen-Kollektivverträge bestehen bleiben, es fällt jedoch das Günstigkeitsprinzip. Das bedeutet, dass auf betrieblicher Ebene künftig schlechtere Bedingungen vereinbart werden können (z.B. höhere Arbeitszeit, eigene Regelungen für Kündigungen) als national bzw. in der Branche geltend sind. Eine solche Regelung bedeutet eine Schwächung der Gewerkschaften und die völlige Untergrabung der Kollektivverträge.

Mit der Lockerung des Kündigungsschutzes geht Macron einen neoliberalen Weg. Das Ziel ist es, die Kosten von Kündigungen für ArbeitgeberInnen berechenbar und günstiger zu gestalten. Die Deckelung für Abfindungen bei ungerechtfertigten Entlassungen soll gesenkt und die gesetzliche Einspruchsfrist nach der Kündigung soll verkürzt werden. Darüber hinaus sollen die Kündigungsgründe ausgeweitet werden – durch die Kompetenzausweitung betrieblicher Vereinbarungen kann sogar jedes Unternehmen eigene Kündigungsregelungen einführen.

Kaum abschätzbar sind aktuell die Auswirkungen der Zusammenlegung der betrieblichen Personalvertretung (einheitliche Vertretungsstruktur anstatt bestehender Belegschaftsvertretung, Betriebsrat und Ausschuss für Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz). Die französischen Gewerkschaften befürchten jedoch eine Schwächung ihrer Betriebsorganisationen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es sich negativ auf die Freistellung von PersonalvertreterInnen auswirken.