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Frans Timmermans: Der Europäische Green Deal

Der designierte Kommissar für den Europäischen Grünen Deal sowie erster exekutiver Vizepräsident der Europäischen Kommission Frans Timmermans legte in einer 15-minütigen Eingangsrede am 8. Oktober sein Programm dar. Der Niederländer wird künftig neben dem Grünen Deal für die Themen Klima, Agrarpolitik, Verkehr, Energie, Ozeane, Kohäsion und Gesundheit zuständig sein und damit über 2/3 des EU-Haushaltes verfügen. Die Klimafrage sei für die EU von existenzieller Bedeutung, biete aber gleichzeitig die Chance, weltweit eine Vorreiterrolle einzunehmen und neues Wirtschaftswachstum in Europa zu generieren. Im Anschluss an Timmermans‘ Eingangsstatement konnten die Abgeordneten 25 Fragen an den designierten Kommissar richten.

Ziele des „European Green Deal“

Der Europäische Grüne Deal zielt darauf ab, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Um dies zu erreichen, will die Kommission in den ersten 100 Tagen einen Gesetzesvorschlag erstellen, indem die Klima- und Energiegesetzgebung neugestaltet werden soll. Darin wird auch ein Etappenziel, die Reduzierung des CO2-Ausstoßes bis 2030 um 50-55%, enthalten sein.

Dieses Vorhaben stieß zwar mehrheitlich auf Zustimmung, erregte aber auch die Kritik einiger Abgeordneter im Europäischen Parlament. Negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Europa wurden dabei vordergründig prophezeit. Diese Bedenken erscheinen wenig glaubwürdig angesichts der Tatsache, dass die Treibhausgase seit 1990 um 22% reduziert wurden und gleichzeitig die europäische Wirtschaft einen enormen Aufschwung verzeichnen konnte. Nachhaltige Klima- und Umweltpolitik sowie erfolgreiche Wirtschaftspolitik stellen keinen Widerspruch dar.

Finanzierbarkeit dieser Vorhaben

Was die Finanzierung des „Green Deals“ anbelangt, verwies Timmermans auf die laufenden Verhandlungen rund um den künftigen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR), bei denen der Klimapolitik nach Absprache mit den Staats- und Regierungschefs oberste Priorität zugemessen werden soll. Dennoch ist fraglich, ob diese finanziellen Mittel im gewünschten Ausmaß zur Verfügung stehen werden, denn bei den MFR-Verhandlungen zeigt sich bereits, dass die Mitgliedsstaaten wenig Bereitschaft bekunden, insgesamt mehr Mittel bereitzustellen.

Darüber hinaus werden jedoch durch die Umwandlung der Europäischen Investitionsbank in eine „Klimabank“ mehr als eine Billion Euro für den Green Deal in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen. Auch die Abschaffung der Subventionen für fossile Energieträger ist bereits geplant.

Notwendigkeit einer „Just transition“ Strategie

Der Green Deal soll ökologische und soziale Probleme der Menschen gleichermaßen lösen und dadurch das Leben der Bevölkerung verbessern. Timmermans verspricht daher eine Klimapolitik vor allem unter der Wahrung der sozialen Bedürfnisse der Menschen. Dies soll durch einen „just transition Fonds“, der durch den Wandel besonders betroffenen Menschen und Regionen Unterstützung bieten soll, verwirklicht werden. Konkret spricht Timmermans dabei beispielsweise von europäischen Mitteln für die thermische Sanierung öffentlichen Wohnraumes, was neben dem klimafreundlichen Aspekt auch die Energiekosten der Menschen senken solle.

Die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie die Finanzierung von Um- und Weiterbildungsmaßnahmen für Beschäftigte in von dieser Politik besonders betroffenen Regionen (Kohle und energieintensive Industrie) soll durch europäische Finanzmittel unterstützt werden.

Timmermans betont darüber hinaus, dass die Auswirkungen der Klimaerwärmung insbesondere sozial Schwächere hart treffen würden, weshalb es vor allem für diese Menschen von besonderer Bedeutung sein wird, dass sich die Politik in dieser Frage engagiert. Im Sinne des Green Deals sollen außerdem Änderungen in den Steuersystemen vorgenommen werden, die vor allem ökologische und soziale Aspekte stärker in den Vordergrund rücken sollen.

Klimadiplomatie und Nachbarschaftspolitik

Einige Abgeordnete hinterfragten das Engagement der EU im Klimabereich kritisch, vor allem im Vergleich zum viel höheren Ausstoß von Treibhausgasen beispielsweise in den USA, Indien oder China. Timmermans stellte hierbei klar, dass der EU weltweit in diesen Fragen stets eine Vorreiterrolle zukomme und man vor allem über den Europäischen Binnenmarkt die Möglichkeit habe, positiven Druck aufzubauen. Hohe europäische Klimastandards würden zwangsläufig auch Auswirkungen auf exportorientierte Märkte aus Drittstaaten haben. Klimafreundliche und kostenaufwendigere europäische Güter könnten durch die Einführung von CO2-Zöllen am Binnenmarkt vor klimaschädlichen Produkten aus Drittstaaten geschützt werden. Darüber hinaus würde die Einführung von CO2-Grenzsteuern die Verlagerung klimaschädlicher Produktionsweisen europäischer Unternehmen in Drittstaaten verhindern und zur Sicherung von Arbeitsplätzen beitragen.

Auch über die Ausgestaltung künftiger Freihandelsabkommen hat die EU Möglichkeiten, klimabelastende Erzeugungsmethoden zu sanktionieren. Eine verstärkte europäische Klimadiplomatie sowie das Vorantreiben der Umsetzung der UN-Sustainable Development Goals (SDGs) sind ebenfalls wichtige Handlungsfelder.