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Freiheit und Vielfalt der Medien in Europa sichern

Tony Hegewald / pixelio.de

Seit 2015 mindestens 16 JournalistInnen in der EU getötet

Damit die Medien ihrer Aufgabe gerecht werden können, müssen JournalistInnen ungehindert arbeiten und sich als Personen jederzeit des vollen Schutzes der EU und all ihrer Mitgliedstaaten sicher sein können. Dies ist gegenwärtig jedoch nicht mehr der Fall.

Seit 2015 wurden mindestens 16 JournalistInnen während oder aufgrund der Ausübung ihrer Tätigkeit in der EU getötet. Sie sind auch zunehmend verbalen und physischen Angriffen ausgesetzt. Insbesondere die Berichterstattung über Proteste und Demonstrationen wird immer gefährlicher. Maßnahmen gegen Desinformation und Verbote der üblen Nachrede sind in einigen Mitgliedstaaten so angelegt, dass sie zur Kriminalisierung kritischer Berichterstattung genutzt werden können und JournalistInnen mit Gefängnis- oder hohen Geldstrafen bedrohen.

Medien oft durch staatliche Aufsichtsgremien politischer Kontrolle unterworfen

Damit die Nachrichtenträger ungehindert arbeiten können, muss ein rechtlicher Rahmen die Garantie der Medienfreiheit und -vielfalt sicherstellen. Dadurch können einzelne JournalistInnen sowie Medienunternehmen insgesamt ihre Arbeit frei von politischer Einflussnahme ausüben.

In mehreren Mitgliedstaaten werden öffentliche Nachrichtenträger jedoch einer direkten oder indirekten politischen Kontrolle durch staatliche Aufsichtsgremien unterworfen. Diese respektieren die journalistische Freiheit nicht uneingeschränkt und stellen daher eine ernsthafte Bedrohung dar. Die Versuche der direkten politischen Einflussnahme auf die Berichterstattung unabhängiger Medien sowie verbale Angriffe durch PolitikerInnen häufen sich. Es kommt auch vermehrt zu juristischem Vorgehen gegen kritische Nachrichtenträger und JournalistInnen.

Immer stärkere Konzentration – Medienvielfalt in Gefahr 

In den vergangenen drei Jahren hat die Konzentration auf dem europäischen Medienmarkt einschließlich des Werbemarkts und der Vertriebskanäle deutlich zugenommen. Sie stellt laut einem Medienvielfalt-Monitor für das Jahr 2020 in der gesamten EU ein mittleres bis hohes Risiko für die Vielfalt dar. Das veränderte Nutzungsverhalten der Menschen in Bezug auf Nachrichtenträger in Folge der Digitalisierung stellt die Geschäftsmodelle der etablierten Medien in Frage. Besonders betroffen sind Zeitungen sowie kleinere Nachrichtenunternehmen auf lokaler Ebene, die das Rückgrat der Medienvielfalt in der EU darstellen. Sie werden zunehmend zu leichter Beute einer politisch motivierten Marktkonzentration.

EWSA-Empfehlungen: Schutz für JournalistInnen vor Angriffen und Einschüchterung

Eine konsequente Verfolgung aller Fälle von Belästigungen, Bedrohungen und Angriffen gegen JournalistInnen stellt den besten Schutz für die Betroffenen dar. Darüber hinaus begrüßt der EWSA aber auch zusätzliche Maßnahmen der EU-Kommission, die zur Erhöhung der Sicherheit von JournalistInnen beitragen würden. Insbesondere das gesetzliche Verbot sogenannter „SLAPP“-Klagen (rechtsmissbräuchliche Klagen zur Einschüchterung von Medien und JournalistInnen) wird vom EWSA eingefordert. Bis Ende 2021 soll dazu von der Kommission ein Vorschlag zum Schutz von JournalistInnen und der Zivilgesellschaft vor derartigen Klagen vorgelegt werden.

„Wir vertreten nicht nur JournalistInnen, sondern auch die europäischen BürgerInnen und deren Anrecht auf einen freien und uneingeschränkten Zugang zu Informationen.“

Ricardo Gutierrez, Generalsekretär der europäischen Journalismusgewerkschaft, in der EWSA-Abstimmungsdebatte

Neuer Rechtsakt und finanzielle Sanktionen sollen Freiheit und Vielfalt schützen

Der EWSA hebt in seiner Stellungnahme hervor, dass die wichtigste Aufgabe künftig darin bestehen wird, auf nationaler Ebene für konkrete Verbesserungen bei der Medienfreiheit und -vielfalt zu sorgen. Dennoch sollen auch europäische Maßnahmen den aktuellen Herausforderungen entgegenwirken. Die EU-Kommission wird daher vom EWSA dazu aufgefordert, die Verordnung (EU, Euratom) 2020/2092 zu nutzen. Ziel dieser Verordnung ist es, Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit durch einzelne Mitgliedstaaten mit budgetären Sanktionen zu begegnen. Auf Basis dieses Rechtsaktes können Zahlungen aus dem EU-Haushalt unterbrochen, gekürzt, eingestellt oder ausgesetzt werden, wenn die Freiheit und Vielfalt der Medien nicht gesichert ist.

Der EWSA befürwortet darüber hinaus nachdrücklich den Plan der EU-Kommission, für einen „Europäischen Rechtsakt zur Medienfreiheit“, der ein wirksames Instrument zur Durchsetzung von Medienfreiheit und - vielfalt sein soll.

Unabhängiger europäischer öffentlich-rechtlicher Rundfunk soll gegründet werden

Der EWSA unterstreicht die große Bedeutung eines unabhängigen und unparteiischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Sicherung der Medienvielfalt. Festgestellt wird auch, dass es dem freien Markt nicht gelingt, EU-weite Medienangebote im Bereich des Rundfunks und Fernsehens bereitzustellen. Deshalb wird die Gründung eines unabhängigen und unparteiischen europäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gefordert.