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GPA-djp-Katzian warnt vor Schubumkehr im Sozial- und Arbeitsrecht

Bei geplantem Zurückschrauben österreichischer Gesetze auf EU-Mindeststandards droht „Aus“ für hohe österreichische Schutzbestimmungen

Wolfgang Katzian, ÖGB Präsident

„Dass die Industriellenvereinigung als Dauerbrenner das schrille Lied der Überbürokratisierung singt ist nicht wirklich neu. Wohl aber der Umstand, dass die österreichische Bundesregierung, assistiert von der Wirtschaftskammer, diese Begehrlichkeit der Industrie nach maßloser Deregulierung offensichtlich zu einer aktuellen Staatsdoktrin erhoben hat“, kommentiert Wolfgang Katzian, Vorsitzender der GPA-djp (Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier) die Ankündigung der österreichischen Bundesregierung, wegen vermeintlicher Hürden der Wettbewerbsfähigkeit für Unternehmen die gesamte österreichische Gesetzgebung auf das EU-Mindestniveau zurückschrauben zu wollen. Die geplante radikale Durchforstung des österreichischen Rechtsbestandes von Umweltschutz über Verbraucherschutz bis hin zum Arbeitsrecht als Auftrag der EU zu bezeichnen, empfinde er als Perfidität, so Katzian weiter: „Mit Gold Plating hat das auch nichts zu tun.“

Kahlschlag im Bereich des Sozial- und Arbeitsrechts droht

Die Wirtschaftskammer zähle auf ihrer Wunschliste über 200 Regelungen auf als Beispiele zur Streichung von gesetzlichen Vorschriften, die über dem EU-Recht liegen. „Findet das tatsächlich politisches Gehör, werden Mindeststandards in EU-Richtlinien generell nur mehr interpretiert als Maximalniveau, das bei der Umsetzung in die mitgliedstaatliche Rechtsordnung nicht zu überschreiten ist. Dann droht ein Kahlschlag im Bereich des Sozial- und Arbeitsrechts, was einem großangelegten Sozialabbau gleichkommt“, warnt Katzian. Diese Vorgangsweise würde bewährten Prinzipien der EU-Sozialpolitik komplett widersprechen.

Im Sinne des EU-Vertrags wurden in den vergangenen Jahrzehnten in den Bereichen Arbeitsrecht, ArbeitnehmerInnenschutz und Sozialschutz etliche EU-weit geltende Mindeststandards etabliert. Es wurde als selbstverständlich vorausgesetzt, dass durch die Festlegung derartiger Mindeststandards höhere Schutzniveaus auf nationaler Ebene nicht beeinträchtigt werden. „Österreich hat, wie andere Mitgliedstaaten auch, vor diesem Hintergrund fortschrittliche Gesetze mit besseren Schutzstandards als Mindestbestimmungen festgelegt, die jetzt gefährdet sind“, erklärt Katzian. Neben Bestimmungen zum Verbraucher- und Umweltschutz betreffe das die Bekämpfung von Lohn-und Sozialdumping, den Bereich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sowie Regelungen im Arbeitsrecht, etwa bei der Elternkarenz bzw. dem Mutterschutz, bei der Arbeitszeitrichtlinie, der Arbeitnehmermitwirkung, der Leiharbeitsrichtlinie oder der Berufsqualifikationsrichtline.

Bewusste Nivellierung der Standards nach unten

„Der EU-Gesetzgeber hat bewusst Spielräume für eine nationale Umsetzung auf höherem Niveau gelassen, Österreich war bisher stolz darauf, in der EU zu den Vorreitern bei den Schutzrechten zu zählen “ so Katzian abschließend. „Unfassbar, dass die österreichische Bundesregierung hier eine Schubumkehr plant und sich offenbar mit den Schlechtesten messen lassen will.

Hier geht es um eine bewusste Nivellierung der Standards nach unten, hausgemachter Sozialabbau in großem Ausmaß. Das ist ein Bruch des vertraglichen Versprechens, dass die europäische Integration zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen in Europa beitragen wird. Damit nährt unsere Bundesregierung außerdem die wachsenden EU-Skepsis in breiten Teilen der Bevölkerung!“