Portugal: Kurzarbeitsmodell mit negativen Begleiterscheinungen
Die portugiesische Regierung hat ein umfangreiches Kurzarbeitsmodell zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes auf den Weg gebracht. Beschäftigte erhalten dabei üblicherweise 2/3 ihres vorherigen Bruttolohnes. Trotz der finanziellen Einschnitte für die Beschäftigten wurde auch der Kündigungsschutz gelockert. Besonders kritisch zu betrachten ist das von der Regierung verabschiedete Notfallgesetz, das auch die Aushebelung des Streikrechts unter bestimmten Bedingungen ermöglicht.
Kurzarbeitsmodell der Regierung zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes
Portugal hat im Zuge der Corona-Krise ein dauerhaftes Kurzarbeitszeitmodell eingerichtet, welches alle Unternehmen, unabhängig von Größe oder Branche, umfasst. Anspruchsvoraussetzungen für Unternehmen sind entweder ein abrupter und starker Umsatzrückgang von mindestens 40% oder eine vollständige Stilllegung der Tätigkeit, die sich aus der Unterbrechung oder dem Ausfall der gesamten Lieferkette ergibt.
Bedeutende Einkommensverluste für Beschäftigte
Betroffene Beschäftigte sind mit bedeutenden Einkommensverlusten konfrontiert und erhalten während der Kurzarbeit 2/3 ihres vorherigen Bruttolohnes. Diese Lohnausgleichszahlung wird zu 30% vom Unternehmen und zu 70% vom Sozialversicherungshaushalt abgedeckt. Dieser Bezug ist mit einer Obergrenze des dreifachen gesetzlichen Mindestlohnes gedeckelt. Davon betroffen sind somit in erster Linie höhere Einkommen. Der gesetzliche Mindestlohn in Portugal zählt mit 635 Euro pro Monat zwar zu den niedrigsten in Europa, liegt aber bei über 60 % des Medianeinkommens.
Das Programm gilt grundsätzlich für einen Monat, kann aber bis zu sechs Monate ausgedehnt werden. Im Krankheitsfall wird den Beschäftigten eine Lohnfortzahlung ab dem ersten Tag in Höhe von 55-75% des Lohnes garantiert.
Beschäftigte, die aufgrund von Kinderbetreuungspflichten dem Arbeitsplatz fernbleiben müssen, erhalten ebenfalls eine monatliche Lohnausgleichszahlung von 2/3, diese werden vom Unternehmen sowie der Sozialversicherung zu gleichen Teilen übernommen.
Regelungen zum Kündigungsschutz von Beschäftigten gelockert
Trotz umfangreicher Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen in Form von Kurzarbeit und Krediten wurde der Kündigungsschutz gelockert. Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit erheblich einschränken oder aufgrund behördlicher Anordnung den Betrieb einstellen mussten, können ArbeitnehmerInnen auch kündigen. Die Regierung hat zwar „Massenkündigungen“ für all jene Unternehmen, die Hilfeleistungen des Staates beziehen, untersagt, aus gewerkschaftlicher Sicht besteht aber dennoch die Gefahr, dass zahlreiche Unternehmen Teile ihrer Belegschaft kündigen werden.
Beschäftigte werden in Zwangsurlaub geschickt
Viele Beschäftigte werden seit Beginn der Krise von ihren Unternehmen dazu gezwungen, Urlaub aufzubrauchen. Ab Mai besteht für Unternehmen sogar eine gesetzliche Grundlage dafür, dass sie einseitig die Schließung des Betriebes anordnen können und die Beschäftigten dafür ihre Urlaubstage in Anspruch nehmen müssen. Der Gewerkschaftsbund UGT kämpft dafür, diese gesetzliche Regelung auszusetzen.
UGT fordert weitere Unterstützungsmaßnahmen für Beschäftigte
Der Gewerkschaftsbund UGT fordert zur Unterstützung der Beschäftigten einen Aufschub bzw. eine gänzliche Befreiung von Zahlungen wie der Sozialversicherungsbeiträge oder Steuern. Darüber hinaus soll es Kostensenkungen auf Gas, Strom und Wasser sowie Unterstützung bei der Zahlung von Mieten geben.
Notfallgesetz der Regierung soll Streikrecht suspendieren
Besonders kritisch zu betrachten ist das Notfallgesetz der portugiesischen Regierung, welches weitgehende Eingriffe in grundlegende Rechte der ArbeitnehmerInnen vorsieht. So kann der Regierungschef unter anderem das Streikrecht in besonders wichtigen Bereichen, wie dem Gesundheits-, dem Sicherheitssektor oder bei der grundlegenden Versorgung des Landes, außer Kraft setzen. Diese Vorgehensweise wird auch vom Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) scharf kritisiert.