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Schweiz: Prekäre Arbeitsbedingungen bei Nestle-Tochter Nespresso

Neues Schichtmodell ist schlichtweg unmenschlich

Um eine durchgehende Produktion während sieben Tagen pro Woche rund um die Uhr gewährleisten zu können, müssen die Beschäftigten nun teilweise bis zu 58 Stunden in der Woche arbeiten. Ein Schweizer Nespresso-Mitarbeiter berichtete darüber, wie sich das vor einem Jahr eingeführte Schichtmodell auf seinen Arbeitsplan auswirkt: „Je zwölf Stunden am Samstag und Sonntag. Am Montag und Dienstag je acht Stunden. Dann einen Tag frei, nochmals zwei Tage arbeiten. Und zum Abschluss zwei Nachtschichten, wieder am Samstag und Sonntag, wieder je zwölf Stunden. Nach lediglich zwei freien Tagen startet der Zyklus dann wieder von vorne.“ Die Beschäftigten haben dabei nie länger als zwei Tage hintereinander frei.

Gewerkschaft Unia unterstützt Protestmaßnahmen der Beschäftigten

Bereits im Vorfeld protestierten die Beschäftigten mit der Unterstützung der Gewerkschaft Unia gegen die Verschlechterungen. Sie hoben vor allem die negativen Auswirkungen des neuen Schichtmodells auf Gesundheit, Privat- und Familienleben hervor. Nespresso entschied sich aller Widerstände zum Trotz den neuen Arbeitsplan umzusetzen.

Die Gewerkschaft führte daraufhin eine Umfrage durch, bei der sich knapp die Hälfte der Beschäftigten beteiligten. Die Ergebnisse sind eindeutig: 88% der Befragten geben an, dass sich die Arbeitsbedingungen im letzten Jahr verschlechtert haben, 95% äußerten, dass sie aufgrund des neuen Schichtmodells häufig von Müdigkeit betroffen seien und mehr als 60% überlegen schon, sich nach einer neuen Arbeitsstelle umzusehen.

Unia forderte von Nespresso daher die Rückkehr zu weniger gesundheitsschädlichen Arbeitszeiten und eine damit verbundene Reduktion des Stressfaktors der Beschäftigten. Darüber hinaus verlangte die Gewerkschaft, ein arbeitsmedizinisches Institut damit zu beauftragen, eine Analyse der derzeitigen Arbeitsbedingungen durchzuführen. 

Beschwerde gegen Nespresso bei der Arbeitsaufsichtsbehörde

Das Unternehmen hält weiterhin an diesem gesundheitsgefährdenden Schichtmodell fest. Die MitarbeiterInnen wollen daher nun gemeinsam mit der Gewerkschaft Unia eine Beschwerde bei der Schweizer Arbeitsaufsichtsbehörde einreichen. Die Unternehmensführung hat sich bisher noch nicht zu den prekären Arbeitsbedingungen geäußert und verweist lediglich auf unternehmensinterne Arbeitsgruppen zwischen dem Management und den ArbeitnehmervertreterInnen. 

Schlechte Arbeitsbedingungen haben lange Tradition

Bereits seit langem kritisieren GewerkschaftsvertreterInnen die schlechten Arbeitsbedingungen bei der Nestle-Tochter Nespresso. Das Management weigert sich immer wieder mit der Gewerkschaft zu verhandeln. Eine schon vor zwei Jahren angekündigte Lohnerhöhung wurde beispielsweise bis dato noch immer nicht umgesetzt. Die Beschäftigten berichten vielfach von chronischen Unterbesetzungen und einer besonders hohen Fluktuationsrate an den einzelnen Standorten. Darüber hinaus weigert sich das Management auch, die Koalitionsfreiheit zu akzeptieren und Gewerkschaftsdelegierte sowie die Gewerkschaft Unia als Sozialpartner anzuerkennen.