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Slowakei: Verspätete Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Krise

Die neue slowakische Regierung ergreift im Kampf gegen die wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Folgen der Corona-Krise äußerst spät wirkungsvolle Maßnahmen, die alle Sektoren umfassen. Darüber hinaus zeigt sich der konservativ-neoliberale Geist der Vierer-Koalition vor allem durch den Versuch, die tägliche Arbeitszeit auszuweiten und die Sozialpartnerschaft außen vor zu lassen.

Neue Regierung übergeht Sozialpartnerschaft gänzlich

Nach den Parlamentswahlen im Februar 2020 wurde am 21. März eine neue Regierung in der Slowakei angelobt. Die Koalition besteht aus insgesamt vier Parteien, die im Wesentlichen Protest- und Bürgerbewegungen mit neoliberal-konservativer Gesinnung sind. 

Der politische Geist dieser neuen Regierung ist im Zuge der Corona-Krise bereits mehr als deutlich zum Vorschein gekommen. Die Sozialpartnerschaft wurde bei der Ergreifung von Maßnahmen in Bezug auf den Arbeitsmarkt weder informiert noch konsultiert. Vor allem die slowakischen Gewerkschaften kritisieren die einseitige und unzureichende Krisenpolitik der Regierung zulasten der Beschäftigten.

Erstes Hilfspaket sieht zwei Modelle zur Unterstützung vor

Die dramatischen wirtschaftlichen Folgen des Corona-Virus wirken sich auch auf den slowakischen Arbeitsmarkt mit besonderer Härte aus. In einem ersten Hilfspaket hat die Regierung Maßnahmen zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes vorgelegt, die zwei Modelle vorsehen:

1) Behördlich geschlossene Unternehmen:

Davon sind beispielsweise Restaurants, verschiedenste Geschäftslokale, Dienstleistungsbetriebe betroffen. Die Regierung sieht für diese Betriebe eine Übernahme der Personalkosten vor. Die Beschäftigten erhalten somit 80% ihres bisherigen Bruttolohnes, jedoch mit einer Obergrenze von 1100 Euro.

2) Weiterhin geöffnete Unternehmen mit Umsatzeinbußen:

Davon sind jene Betriebe umfasst, die zwar nicht behördlich geschlossen wurden, aber aufgrund der Corona-Maßnahmen indirekt mit Umsatzeinbußen konfrontiert sind (z.B.: Subunternehmen, die aufgrund fehlender Aufträge Umsatzrückgänge verzeichnen). Grundsätzlich wird diesen Unternehmen ebenfalls eine Übernahme der Personalkosten sowie den Beschäftigten 80% ihres bisherigen Bruttolohnes zugesagt. Bei diesem Modell führt die Regierung jedoch eine Obergrenze für die Unterstützung pro ArbeitnehmerIn ein, die auch an die Höhe des Umsatzrückganges gebunden ist. Die Höchstgrenze ist dabei so niedrig angesetzt, dass praktisch nur die Höchstbeiträge und nicht die 80%ige Ersatzrate relevant werden.

Dies ist wie folgt gestaffelt:

Umsatzrückgang Höchstbetrag der Unterstützung pro Arbeitnehmer/in

 >20% --- 180 Euro

 >40% --- 300 Euro

 >60% --- 420 Euro

 >80% --- 540 Euro

Durchschnittlicher Bruttolohn in den jeweiligen Branchen: Handel (ca. 1000€), Bau (ca. 750€), Gesundheit (1100€), Industrie (1150€), Banken/Versicherungen (1940€)

Zweites Hilfspaket beinhaltet Kurzarbeitsmodell

In der zweiten Aprilhälfte wurden nun auch die Details für das lange erwartete Kurzarbeitsmodell bekanntgegeben. Der Staat übernimmt dabei die Kosten für 80% des Durchschnittsgehalts pro Beschäftigte/n, maximal jedoch 880 Euro. Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise faktisch keine Arbeitsaufträge zuweisen kann.

Gewerkschaften und Opposition verhindern 10-12 stündige Arbeitstage

Im Vorfeld des ersten Maßnahmenpaketes plante die Regierung einen erheblichen Angriff auf die Beschäftigten in der Slowakei. Dabei hätten die Unternehmen innerhalb eines Jahres die Möglichkeit gehabt, einseitig das zusätzliche Abarbeiten von bis zu 400 Arbeitsstunden anzuordnen, wenn es im Zuge der Corona-Maßnahmen der Regierung zu einer Betriebsschließung und in Folge dessen zu bezahlter Abwesenheit der Beschäftigten gekommen wäre.

Bereits jetzt ist es möglich, bis zu 400 Überstunden im Jahr zu machen – dafür ist allerdings die Zustimmung des/der Arbeitnehmer/in erforderlich. Würden weitere 400 Überstunden hinzukommen, hätte dies 10- bis 12-Stunden-Tage für die Beschäftigten zur Folge. Somit wäre es der Regierung im Zuge der Krisenmaßnahmen gelungen, die tägliche Höchstarbeitszeit anzuheben. Massiver Widerstand von Seiten der Gewerkschaften sowie der Oppositionsparteien konnte jedoch erreichen, dass diese Regelung durch das Parlament verhindert wurde.