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Ursula von der Leyen: Weiblichste EU-Kommission in der Geschichte

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments bestätigten am 27. November mit klarer Mehrheit die neue EU-Kommission. Erstmals in der Geschichte ist mit Ursula von der Leyen eine Frau EU-Kommissionspräsidentin. Der ehemaligen deutschen Verteidigungsministerin ist es gelungen, 461 Stimmen für ihr Personalpaket zu bekommen, 157 Abgeordnete votierten dagegen und 89 enthielten sich ihrer Stimme. Das neue Kollegium ist mit 12 Frauen und 15 Männern außerdem das weiblichste, das es je gab und seit 1. Dezember auch offiziell in Amt und Würden. Von der Leyen hat ihr Ziel, einer EU-Kommission mit Geschlechterausgewogenheit, also beinahe erreicht.

Von Juli bis November – Auf der Suche nach soliden Mehrheiten

Die konservative deutsche Politikerin Ursula von der Leyen wurde am 16. Juli 2019 nach Vorschlag der Staats- und Regierungschefs mit einer knappen Mehrheit von nur neun Stimmen vom Europäischen Parlament zur künftigen EU-Kommissionspräsidentin gewählt. In Anbetracht dieses knappen Ergebnisses machte sie sich auf den Weg durch ganz Europa um für ihre künftige Kommission eine solide Mehrheit zu finden. Die sozialdemokratische, aber auch die liberale Fraktion im EU-Parlament konnten ihr im Zuge dieses Prozesses wichtige Zugeständnisse abringen.

Konfliktfrei ist der Nominierungsprozess für von der Leyens Kommission dennoch nicht verlaufen. Drei der von ihr und den Staats- und Regierungschefs vorgeschlagenen KandidatInnen für die EU-Kommission wurden vom EU-Parlament abgelehnt und mussten durch neue KandidatInnen ersetzt werden. Ihr finales Personalpaket wurde im EU-Parlament schließlich mit mehr als 65% Zustimmung angenommen. Unterstützung erhielt von der Leyen von der konservativen, der sozialdemokratischen sowie der liberalen Fraktion. Die rechten Fraktionen aber auch die Grünen hingegen verweigerten ihre Zustimmung.

Zugeständnisse bei Beschäftigung, sozialen Rechten und der Wirtschaftspolitik

Vor allem der sozialdemokratischen Fraktion ist es gelungen während der Mehrheitsfindung wichtige Zugeständnisse zu erringen. Das Portfolio des luxemburgischen Kommissars Nicolas Schmit konnte im Zuge dessen beispielsweise erweitert werden. Dieser ist nun neben Beschäftigungspolitik auch für Soziale Rechte innerhalb der EU zuständig und wird einen konkreten Fahrplan zur Umsetzung der in der Europäischen Säule sozialer Rechte festgeschriebenen Prinzipien ausarbeiten.

Darüber hinaus ist es gelungen, mit dem Paolo Gentiloni einen Kommissar für den Bereich Wirtschaft zu installieren, der sich für eine nachfrageseitige Stärkung des Binnenmarktes durch mehr Investitionen ausspricht. Auch die Umsetzung der UNO-Nachhaltigkeitsziele auf europäischer Ebene sind noch in das Portfolio des Italieners aufgenommen worden.

Klimaschutz - European Green New Deal steht im Mittelpunkt

Der Niederländer Frans Timmermans, exekutiver Vizepräsident der neuen EU-Kommission, ist zuständig für den European Green New Deal. Dieser zielt darauf ab, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Um dies zu erreichen will Timmermans in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit einen Gesetzesvorschlag erstellen, in dem die Umgestaltung der Klima- und Energiegesetzgebung vollzogen werden soll. Konkret veranschlagt die Kommission dazu jährliche Zusatzinvestitionen in Höhe von 260 Mrd. Euro.

Der vor allem von den Gewerkschaften geforderte „Just transition Fund“, bei dem der Übergang zu einem klimaneutralen Leben vor allem unter sozialpolitischen Gesichtspunkten vollzogen werden soll, wird jedenfalls umgesetzt. Die konkrete Ausgestaltung dieses Fonds ist zum jetzigen Zeitpunkt noch relativ unklar. Im Jänner 2020 soll ein Vorschlag für einen Mechanismus, der den Just transition Fund und einen nachhaltigen Europäischen Investitionsplan beinhalten soll, vorgestellt werden. Beunruhigend ist, dass dieser Fonds nach derzeitigem Plan in erster Linie nur besonders betroffenen Region (Osteuropa) zugutekommen soll. Positiv hervorzuheben ist, dass die EU-Kommission mehrmals die aktive Einbindung der SozialpartnerInnen bei der Ausgestaltung des Green New Deal betont hat.

Zahlreichen Ankündigungen müssen jetzt konkrete Taten folgen

Ursula von der Leyen selbst, aber auch zahlreiche KommissarInnen, haben angekündigt, in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit konkrete Gesetzesvorschläge in verschiedenen politischen Bereichen vorlegen zu wollen. Aus gewerkschaftlicher Sicht sind dabei vor allem der Rahmen für einen europäischen Mindestlohn, die Gestaltung der Digitalisierung, aber auch die Stärkung des EU-Parlaments durch ein Initiativrecht für Gesetzesvorschläge von besonderer Bedeutung. Nun gilt es abzuwarten, ob die Ankündigungen auch tatsächlich eingehalten und wie mutig die Initiativen sein werden.

Konkreteren Aufschluss über die nächsten Schritte wird das offizielle Arbeitsprogramm der EU-Kommission für 2020 geben. Dieses wird Anfang Jänner präsentiert werden.