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Weltweite Umfrage des Internationalen Gewerkschaftsbundes

Der mehr als 200 Millionen Mitglieder zählende Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) hat zu Beginn des Jahres 2020 eine weltweite Umfrage unter ArbeitnehmerInnen durchgeführt. Beschäftigte aus insgesamt 16 Ländern, die mehr als 56% der Weltbevölkerung repräsentieren, haben daran teilgenommen. Die Ergebnisse der Befragung sind über weite Teile mehr als ernüchternd.

Beschäftigte bereits vor COVID-19 Krise in finanziellen Schwierigkeiten

Unmittelbar vor der weltweiten Corona-Krise war die finanzielle Situation in privaten Haushalten Beschäftigter nahezu überall auf der Welt angespannt. Fast die Hälfte der Befragten (47%) gab an, kaum über die Runden zu kommen oder nicht genügend Geld für die grundlegenden Dinge des Lebens zu haben. Jede/r zweite Befragte hat kein finanzielles Polster, um auf unvorhergesehene Ausgaben vorbereitet zu sein. Insgesamt drei Viertel (75%) der im Rahmen dieser Umfrage teilgenommenen Beschäftigten geben an, dass ihr Einkommen nur etwa gleich viel gestiegen oder sogar hinter dem Anstieg der Lebenshaltungskosten zurückgeblieben ist.

Diese Zahlen sind seit dem Beginn dieser weltweiten Umfragen des IGB im Jahr 2012 konstant gleichgeblieben. Es wird daher deutlich, dass sich die finanzielle Situation für erwerbstätige Menschen insgesamt nicht verbessert hat, obwohl sich die Konjunktur in den letzten Jahren weltweit sehr positiv entwickelt hat. Die enormen Auswirkungen der Wirtschafts- und Arbeitsmarktkrise in Folge der COVID-19 Pandemie werden diese Situation nochmals verschärfen.

Kaum Macht und Einfluss auf das Wirtschaftssystem

Aus der Befragung geht ebenfalls hervor, dass sich die Beschäftigten zunehmend machtlos fühlen. 66% der Befragten sind der Ansicht, kaum Einfluss auf die weltweite wirtschaftliche Entwicklung zu haben. Im Gegensatz dazu ist eine klare Mehrheit von rund 60% der Meinung, dass das reichste Prozent sowie die Interessen der Konzerne zu viel Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung ausüben. 71% der Befragten finden, das Wirtschaftssystem begünstige die „Reichen“ in besonderem Ausmaße. Diese Ergebnisse veranschaulichen, dass eine Mehrheit der Beschäftigten den Glauben an ein faires Wirtschaftssystem, von dem alle profitieren können, verloren hat.

Forderung an Regierungen: aktive und soziale Arbeitsmarktpolitik

Von ihren Regierungen erwarten sich die Beschäftigten mehr Maßnahmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen durch Investitionen in Senioren-, Behinderten- und Vorschulkinderbetreuung (74%). Sie wollen außerdem, dass klare Rahmenbedingungen für höhere Lohn- und Gehaltserhöhungen (70%) geschaffen werden. ArbeitnehmerInnenrechte sollen laut 57% der Befragten für inländische als auch zugewanderte Arbeitskräfte gleichermaßen gelten und vor allem auch eingehalten werden. Staatliche Programme für lebenslanges Lernen werden von 69% der Befragten unterstützt.

Laut 73% der Befragten soll auch sichergestellt werden, dass Unternehmen einen angemessenen Anteil zum Steueraufkommen leisten. Ihre Regierungen sollen auch neue Regelungen für multinationale Unternehmen einführen, um die Missstände für Beschäftigte anhand gesamter Lieferketten zu beenden (66% Zustimmung). Eine Regulierung der digitalen Wirtschaft unterstützen ebenfalls 61% der Befragten.

Gewerkschaften, arbeitsrechtliche Bestimmungen und sozialer Schutz essenziell wichtig

In Zeiten großer wirtschaftlicher Unsicherheit empfinden die Beschäftigten überall auf der Welt Gewerkschaften, arbeitsrechtliche Bestimmungen sowie die soziale Absicherung als besonders wichtig. Zwei von drei Befragten (68%) sind der Ansicht, dass den Gewerkschaften eine wichtige Rolle in der Gesellschaft zukommt. 

Arbeitsrechtliche Bestimmungen zum Schutz erwerbstätiger Menschen werden weltweit nach wie vor in hohem Maße befürwortet. Insbesondere unterstützen die Befragten Gesetze zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz (92%), zum Schutz ihres Rechtes auf Tarifverhandlungen (85%) und zur Gewährleistung eines akzeptablen Mindestlohns (88%). Die Befragten unterstützen auch mit überwältigender Mehrheit das Recht auf eine Gewerkschaftsmitgliedschaft (81%) sowie das Streikrecht (71%).