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Berichtsentwurf des EU-Parlaments zur Überarbeitung der EBR-Richtlinie

EU-Parlament ergreift Initiative für Überarbeitung der EBR-Richtlinie

Mitte Mai 2022 wurde der erste Entwurf des Initiativberichtes zur Überarbeitung der EBR-Richtlinie vom EU-Parlament veröffentlicht. In einem nächsten Schritt wird sich nun der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) und in Folge das EU-Parlament insgesamt zu diesem Bericht positionieren. Ziel ist es, die EU-Kommission als auch die Mitgliedstaaten zu einer Überarbeitung der EBR-Richtlinie aufzufordern.

Die wichtigsten Inhalte des Berichtsentwurfes sind hier zusammengefasst:

Zielsetzung der EBR-Richtlinie

Maßnahmen des Managements sollen als länderübergreifend gelten, wenn diese unmittelbar oder mittelbar das gesamte Unternehmen oder Niederlassungen in mindestens zwei Ländern betreffen. Bei innerstaatlichen Restrukturierungen soll auch der Umfang möglicher transnationaler Auswirkungen berücksichtigt werden. Maßnahmen, die die Verlagerung von Tätigkeiten zwischen einzelnen Mitgliedstaaten betreffen, sollen ebenfalls umfasst sein.

Definitionen und Klarstellungen

Es soll klargestellt werden, dass der Konsultationsprozess mit dem EBR ausdrücklich vor einer entsprechenden Entscheidung des Managements durchzuführen ist und die Ergebnisse daraus zu berücksichtigen sind.

Subsidiäre Bestimmungen

Die Frist für das Inkrafttreten eines „EBR kraft Gesetzes“ (subsidiäre Bestimmungen), bei Ausbleiben eines positiven Verhandlungsergebnisses, soll von drei auf ein Jahr reduziert werden.

Die Mindestanzahl der jährlichen EBR-Sitzungen mit dem Management soll in den subsidiären Bestimmungen auf zwei erhöht werden.

Vertrauliche Informationen und Geheimhaltung

Die Vertraulichkeitsbestimmungen von EBR bzw. BVG-Mitgliedern sowie deren Sachverständige sollen eindeutiger ausformuliert werden. In einem ergänzenden Absatz soll klargestellt werden, dass EBR-Mitglieder vertrauliche Informationen an betroffene nationale und örtliche ArbeitnehmervertreterInnen weitergeben dürfen. Diese müssen die erhaltenen Informationen jedoch unter Wahrung der nationalen Vertraulichkeitsbestimmungen behandeln.

Rund um die Geheimhaltung sollen die Mitgliedstaaten spezifische Bestimmungen festlegen. Künftig soll die gänzliche Zurückhaltung von Informationen nur in begründeten Fällen möglich sein. Eine Geheimhaltung soll von einer vorherigen behördlichen oder gerichtlichen Genehmigung abhängig gemacht werden.

Arbeits- und Funktionsweise des EBR

Bei Uneinigkeit über die Durchführung von Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren soll das Management begründen müssen, warum der Informations- und Konsultationsprozess nicht anwendbar ist bzw. warum kein transnationaler Charakter der entsprechenden Maßnahme vorliegt.

Einhaltung und Durchsetzung der Richtlinie

Die Mitgliedstaaten sollen sicherstellen, dass dem EBR bei Umgehung der Richtlinie angemessene Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren rechtzeitig und wirksam zur Verfügung stehen.

Es sollen auch Verfahren festgelegt werden, die eine vorübergehende Aussetzung von Entscheidungen der zentralen Leitung vorsehen, falls ein Verstoß gegen die Informations- und Konsultationsrechte des EBR vorliegt.

Strafen und Sanktionierungsmöglichkeiten

Die Mitgliedstaaten sollen abschreckende, wirksame und verhältnismäßige Sanktionen bei Verstößen gegen die Informations- und Konsultationsrechte, Bestimmungen der Richtlinie bzw. der jeweiligen EBR-Vereinbarung festlegen. Diese Sanktionen sollen vorsehen:

  • Finanzielle Sanktionen: Mindeststrafen von 10.000.000 Euro oder 2% des weltweiten Gesamtjahresumsatzes
  • Vorsätzliche Verstöße: Mindeststrafen von 20.000.000 Euro oder 4% des weltweiten Gesamtjahresumsatzes
  • Ausschluss von nationalen bzw. EU-Subventionen von bis zu drei Jahren
  • Ausschluss von öffentlichen Auftragsvergaben von bis zu drei Jahren

Geltende Vereinbarungen

Für sogenannte „freiwillige Vereinbarungen“ (Artikel 13 Vereinbarungen) soll gelten, dass sie die Bestimmungen der EBR-Richtlinie vollumfänglich erfüllen müssen. Trifft dies nicht zu, sollen den ArbeitnehmervertreterInnen Rechtsmittel zur Verfügung stehen.

Gewerkschaftliche Bewertung

Die Gewerkschaftsbewegung setzt sich bereits seit Jahren für eine Stärkung der Rechte von Europäischen Betriebsräten und insbesondere für eine bessere Durchsetzbarkeit der Richtlinie ein. „Aus der jahrelangen, intensiven Zusammenarbeit mit EBR in verschiedensten Branchen wissen wir, was nicht funktioniert – und was wir brauchen, damit länderübergreifende Informations- und Konsultationsrechte gewährleistet sind!“, sagt Sophia Reisecker von der GPA. Dass dafür vom Europäischen Parlament Rückendeckung kommt, wird begrüßt.

Die GPA und ihre Europäischen Branchenverbände werden sich in den nächsten Monaten dafür einsetzen, dass dieser Initiativbericht mit starken Forderungen im Europäischen Parlament angenommen wird. Gleichzeitig gilt es aber, auch die Kommission davon zu überzeugen, aktiv zu werden und rasch einen Legislativvorschlag vorzulegen.