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Frankreich: Streiks und Demonstrationen für Lohnerhöhungen und gegen Teuerung

Beschäftigte im Energiesektor fordern Teuerungsausgleich und Anteil am Konzerngewinn

Bereits seit Mitte September befinden sich Beschäftigte in den Ölraffinerien der französischen Energiekonzerne TotalEnergies und Esso-ExxonMobil im Streik. Ursachen für die Arbeitsniederlegungen sind die enorm gestiegenen Unternehmensgewinne, die kaum bei den Beschäftigten ankommen und eine landesweite Teuerungsrate in der Höhe von knapp sechs Prozent.

TotalEnergies hat im ersten Halbjahr 2022 seinen Ertrag auf 10,5 Mrd. US-Dollar steigern können. Dieser Überschuss kommt jedoch hauptsächlich den AktionärInnen zugute. Während der Konzern-CEO seine Vergütung von 2020 auf 2021 um satte 52% auf knapp sechs Mio. Euro gesteigert hat, will man den Beschäftigten die geforderte Lohnerhöhung von zehn Prozent verweigern. Beim ebenfalls französischen Energiekonzern Esso-ExxonMobil zeichnet sich ein sehr ähnliches Bild ab.

Die Gewinne der 40 größten französischen Unternehmen sind in der ersten Jahreshälfte 2022 um 24% angestiegen. Die Beschäftigten fordern daher zurecht aufgrund der hohen Inflation und der durch ihre Arbeit geschaffenen Rekordgewinne entsprechende Lohnerhöhungen und somit eine gerechte Verteilung dieser Erträge.

Landesweite Demonstrationen und Streiks schränken öffentliches Leben teilweise ein

Am 16. Oktober folgten an die 50.000 DemonstrantInnen in Paris einem Protestaufruf der linkspopulistischen Wahlplattform „Unbeugsames Frankreich“, an dem sich auch mehrere Gewerkschaften beteiligten. Im Mittelpunkt der Kundgebung standen dabei die Teuerung und ihre Folgen für die Menschen, aber auch die Tatenlosigkeit der französischen Regierung im Kampf gegen die Klimakrise.

Am 18. Oktober rief der Gewerkschaftsbund CGT zu einem landesweiten Streiktag auf, an dem sich verschiedenste Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes, der Energieversorgung, des öffentlichen Verkehrs, aber auch des Lebensmittel- und Handelssektors beteiligten. Die Arbeitsniederlegungen führten bei rund einem Drittel der Tankstellen im Land zu vorübergehenden Schließungen oder Beeinträchtigungen der Treibstoffversorgung.

Neben der Forderung nach höheren Löhnen für die Beschäftigten stand dabei auch das höchstumstrittene Streikverbot für Raffineriebeschäftigte im Mittelpunkt. Um die Treibstoffversorgung sicherzustellen, hat die Regierung eine zwangsweise Rückkehr streikender Beschäftigter an ihren Arbeitsplatz angeordnet und teilweise auch erfolgreich vollzogen.

Geplante Pensionsreform sorgt für zusätzlichen Zündstoff

Nach heftigen Widerständen musste Frankreichs Staatspräsident Macron seine Pensionsreform in der ersten Amtszeit zurückziehen. Nun will er jedoch einen neuen Anlauf dazu starten und zieht bereits jetzt den Zorn breiter Teile der Bevölkerung auf sich. Sein erklärtes Ziel ist es, im Zuge der Reform das Pensionsantrittsalter von 62 auf 65 Jahre anzuheben und Maßnahmen rund um Anrechnungsmodalitäten zulasten der Beschäftigten abzuändern.

Seit den Parlamentswahlen 2022 verfügt Macrons Parteienallianz über keine absolute Mehrheit in der Abgeordnetenkammer mehr. Strittige Reformen, die bei den oppositionellen Abgeordneten keine Zustimmung finden, versucht der Präsident nun durch eine heikle Umgehung des Parlaments dennoch durchzusetzen. Laut Regierungsangaben soll die Pensionsreform am Parlament vorbei noch vor Jahresende 2022 abgesegnet werden und mit Sommer 2023 in Kraft treten.

Die Gewerkschaften haben bereits jetzt scharfe Kritik am Inhalt, aber auch an der Vorgehensweise zur Umsetzung dieser Pensionsreform angekündigt.