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GPA-Konzerneforum: Globale Krisen – Lokale Auswirkungen

Im Rahmen des 22. GPA Konzerneforums am 9. März in der AK Graz haben wir uns mit der Abhängigkeit der österreichischen und europäischen Wirtschaft von globalen Lieferketten und Rohstoffen vor dem Hintergrund globaler Krisen befasst. Die aktuelle Situation des Krieges gegen die Ukraine, das geplante EU-Lieferkettengesetz sowie die Versorgungssicherheit im Pharma-Bereich standen dabei im Fokus.

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine – Aktuelle Situation und Ausblick

Der österreichische Botschafter in der Ukraine Arad Benkö gab einen Überblick zur aktuellen (Kriegs-) Situation im Land, den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie der Verfasstheit der Bevölkerung.

Der überwiegende Teil der UkrainerInnen ist für einen EU-Beitritt und dezidiert gegen eine Annäherung oder gar einen Anschluss an Russland. Eine EU-Mitgliedschaft wird ein langfristiger Prozess werden, bei dem die Ukraine eine Reihe von tiefgreifenden Reformen umsetzen muss. Die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der Ukraine ist derzeit vor allem aufgrund finanzieller Unterstützung durch „den Westen“ gewährleistet. Innerhalb der ukrainischen Bevölkerung ist aufgrund des Krieges ein nationaler Schulterschluss verortbar, der typische Interessenskonflikte wie beispielsweise in der Arbeitswelt hintanstellt.

Österreichische Unternehmen (Banken, Versicherungen, Produktion, …) sind unterdessen weiterhin aktiv in der Ukraine. Ca. 25.000 ukrainische Arbeitsplätze werden dadurch gesichert. Derzeit liegt der wirtschaftliche Fokus vor allem auf dem Wiederaufbau des Landes, dabei stehen Infrastrukturmaßnahmen und die Energieversorgung im Vordergrund.

Die Aussichten auf einen Waffenstillstand sind schwer prognostizierbar. Für die Ukraine ist ein Rückzug der russischen Truppen aus den besetzten Gebieten das erklärte Ziel.

Die Abhängigkeit der österreichischen Wirtschaft von Rohstoffen und globalen Lieferketten

Im Kontext des grünen Wandels ist Europa mit einem Rohstoffdilemma konfrontiert. Einerseits ist der Rohstoffverbrauch in der EU (und Österreich) bereits jetzt zu hoch. Andererseits wird der Bedarf an Rohstoffen zur Bewältigung der grünen Wende weiter zunehmen, um etwa in die Produktion von Batterien und in erneuerbare Energieerzeugung zu investieren.

Laut einer Liste der EU-Kommission werden 30 kritische Rohstoffe ausgewiesen, die in der EU kaum verfügbar sind. Diese kritischen Rohstoffe sind schwer abbaubar und in nur wenigen und oftmals autokratisch regierten Ländern vorhanden. Für die Bewältigung der grünen Wende werden die 10-30-fachen Mengen insbesondere dieser kritischen Rohstoffe benötigt werden.

Um die Autonomie Europas rund um die Rohstoffnutzung zu erhöhen, müssen die Bezugsquellen diversifiziert, eigene Bergbauaktivitäten gefördert, strategische Reserven angelegt und ressourcenfreundliche Technologien stärker zum Einsatz kommen. Der Vortragende Werner Raza (Leiter der ÖFSE) betonte zudem die Notwendigkeit einer intensiveren Nutzung von Recycling und der Forcierung von Kreislaufwirtschaft. Mittelfristig soll dadurch die Abhängigkeit von Rohstoffen um 10-20% reduziert werden.

Werden die Arbeitsbedingungen in globalen Lieferketten jetzt besser?

Die ÖGB-Expertin Julia Wegerer führte aus, wie globale Lieferketten Menschenrechte verletzen können, etwa durch Zwangs- oder Kinderarbeit. Sie stellte das aktuelle politische Ringen um ein Lieferkettengesetz auf EU-Ebene dar. Ziel dieses Gesetzesentwurfs ist es, dass große und sehr große Unternehmen ihre gesamte Wertschöpfungskette hinsichtlich der Einhaltung von Menschen- und Umweltrechten evaluieren müssen.

Aus Sicht der Gewerkschaften und NGOs gibt es noch einiges nachzubessern, etwa dass alle Unternehmen von der Richtlinie erfasst sein sollen und dass Opfer tatsächlich ihre Rechte einklagen können. Begrüßt wird wiederum der grundsätzliche Paradigmenwechsel, dass unternehmerische Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette zukünftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein sollen.

Pharma-Industrie und Medikamentenmarkt: Wie abhängig sind wir in Europa und Österreich

Sylvia Hofinger (WKO Geschäftsführerin Fachverband Chemische Industrie), Andres Kellner (EBR-Vorsitzender bei Takeda) und Karl Dürtscher (GPA-Bundesgeschäftsführer) diskutierten über die aktuellen Herausforderungen in der Pharma-Industrie und am Medikamentenmarkt.

In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Lieferengpässen einzelner Arzneimittel am Medikamentenmarkt. Die Ursachen dafür sind vor allem die Produktionsverlagerungen der vergangenen Jahre vom europäischen in den asiatischen Raum, wodurch fragile und durch externe Schocks besonders anfällige Lieferketten entstanden sind. Dieses Risiko wurde eingegangen, um die Gewinnmargen der Konzerne zu erhöhen.

Die DiskutantInnen waren sich einig darüber, dass der Pharma-Produktionsstandort Österreich gestärkt und eine weitere Abwanderung von Unternehmensniederlassungen verhindert werden muss. Dazu ist eine umfassende europäische und staatlich Industrie- und Standortpolitik notwendig.

Manfred Scherer als Konzernekoordinator wiedergewählt

Beim 22. Konzenreforum wurde Magna Angestellten-Betriebsratsvorsitzender und EBR-Mitglied Manfred Scherer erneut zum GPA-Konzernekoordinator gewählt. Gemeinsam mit seinen StellvertreterInnen Sabine Eiblmaier und Peter Gattinger wird er die GPA-Konzernarbeit mitgestalten.