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BREXIT: Vereinigtes Königreich verlässt die EU am 31.1.2020

Im Juni 2016 stimmte die Bevölkerung des Vereinigten Königreichs (UK) mit knapper Mehrheit für einen EU-Austritt. Der unerwartete Ausgang des Referendums hat das Land politisch lange Zeit gelähmt und die Gesellschaft tief gespalten. Das zeigte sich auch im Ausgang der General Election am 12. Dezember: Johnson ist es gelungen, mit dem Slogan „Get Brexit done“ die Frustration der Bevölkerung zu nutzen und einen fulminanten Wahlsieg zu erzielen. Die tatsächlichen sozial- und wirtschaftspolitischen Ursachen der problematischen Situation in UK waren für die Wahlentscheidung nachrangig.

Nun scheint es Premierminister Johnson gelungen zu sein, die politische Pattsituation zu beenden und den geordneten EU-Austritt des Vereinigten Königreichs, begleitet von einem Abkommen sowie einer politischen Willenserklärung, tatsächlich zu vollziehen. Die Post-Brexit Strategie des umstrittenen Politikers besteht jedoch vor allem aus Liberalisierungs- und Deregulierungsvorhaben. Dies stellt eine große Gefahr für den Sozialstaat und die Beschäftigten im Vereinigten Königreich aber auch in der EU dar.

Start der Verhandlungen über künftige Partnerschaft

Das Parlament hat dem von Premierminister Boris Johnson nachverhandelten Austrittsvertrag mit der EU im Dezember 2019 mit großer Mehrheit zugestimmt. Gelungen ist dies vor allem, weil Johnson die umstrittene „Backstop“–Klausel, die zur Vermeidung einer harten Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland ausverhandelt wurde, entschärft hat. Das Vereinigte Königreich wird die EU nun am 31.1.2020 mit einem Austrittsabkommen und einer politischen Erklärung über die künftige Zusammenarbeit endgültig verlassen.

Während der bis Jahresende 2020 andauernden Übergangsfrist (in welcher die EU-Regelungen in UK weiterhin gelten, die Beiträge noch ins EU-Budget geliefert werden müssen, aber keine politische Mitsprache mehr möglich ist) müssen sich die EU und UK nun auf eine Vielzahl von Vereinbarungen über ihre künftige Partnerschaft einigen. Im Vordergrund wird dabei vor allem ein Handelsabkommen stehen.

Vereinigtes Königreich wirbt mit Niedrigsteuer- und Deregulierungspolitik

Premierminister Johnson hat schon mehrmals Einblick in seine künftige politische und ökonomische Strategie für das Vereinigte Königreich gegeben. Diese ist vor allem geprägt von Unternehmenssteuersenkungen, Deregulierungen im Finanzsektor, dem Abbau hoher Standards im arbeits- und sozialpolitischen Bereich sowie umfassenden Handelsabkommen, die auf die völlige Liberalisierung ganzer Märkte abzielen.

Diese Vorhaben werden fatale Auswirkungen auf wichtige Bereiche der britischen Wirtschaft, wie dem verarbeitenden Gewerbe, haben und zum Verlust zahlreicher Arbeitsplätze führen. Der britische Gewerkschaftsbund TUC rechnet aufgrund dieser Liberalisierungsabkommen mit einem Wirtschaftsrückgang von bis zu 6%. Sinkende Unternehmenssteuereinnahmen werden die Leistungen des bereits jetzt eingeschränkten Sozialstaates weiter reduzieren. Die arbeits- und sozialrechtliche Absicherung der Beschäftigten ist aktuell fast ausschließlich über EU-Recht geregelt. Der Wegfall dieser europäischen Mindeststandards und der darüber hinaus geplante Abbau solcher Regelungen wird die Situation der Beschäftigten enorm verschlechtern.

EU muss unfairen Wettbewerb zulasten Beschäftigter verhindern

Diese Strategie wird nicht nur negative Auswirkungen für die britische Wirtschaft und die britischen Beschäftigten haben, sondern zwangsläufig auch die EU-Staaten in einen unfairen Wettbewerb um die niedrigsten Löhne, Steuern und Standards verwickeln. Um diesem Abwärtstrend entgegen zu wirken müssen in den künftigen Handelsbeziehungen zwischen der EU und UK europäische Sozial-, Steuer- und Umweltstandards jedenfalls festgeschrieben und abgesichert werden. Im Vereinigten Königreich hergestellte Produkte, die diesen Mindeststandards nicht entsprechen, sollen gar nicht oder nur unter Aufschlag hoher Zölle in den Europäischen Binnenmarkt eingeführt werden können. Premierminister Johnson hat in einem ersten Schritt bereits fundamentale ArbeitnehmerInnenrechte und Umweltauflagen aus dem rechtsverbindlichen Abkommen herausgestrichen und sie lediglich in die unverbindliche politische Erklärung aufgenommen. Das bedeutet, dass diese künftigen Verhandlungen zum Opfer fallen können.

Die EU muss außerdem den europäischen Binnenmarkt als Druckmittel verwenden, um eine unfaire Standortpolitik des Vereinigten Königreichs im internationalen Wettbewerb zu verhindern