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Ein gesunder Arbeitsplatz für die mentale Gesundheit

Jeder sechste Mensch in der EU ist von einer psychischen Krankheit betroffen und jeder zweite Jugendliche hat keinen Zugang zu psychologischer Unterstützung, obwohl sie nötig wäre. Es sind Fakten, die nicht schönzureden sind. Auch im Europäischen Parlament wollen wir die Augen davor nicht verschließen. Deshalb haben wir bei der letzten Plenarsitzung in Straßburg die Kommission vorgeladen, um essentielle Fragen zum Thema mentale Gesundheit zu diskutieren.

Luiza Puiu

Jeder sechste Mensch in der EU ist von einer psychischen Krankheit betroffen und jeder zweite Jugendliche hat keinen Zugang zu psychologischer Unterstützung, obwohl sie nötig wäre. Es sind Fakten, die nicht schönzureden sind. Auch im Europäischen Parlament wollen wir die Augen davor nicht verschließen. Deshalb haben wir bei der letzten Plenarsitzung in Straßburg die Kommission vorgeladen, um essentielle Fragen zum Thema mentale Gesundheit zu diskutieren.

KI, Digitalisierung und Mentale Gesundheit

Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz in Zeiten von Künstlicher Intelligenz und Digitalisierung war das zentrale Thema dieser Plenardebatte. Denn die mentale Belastung am Arbeitsplatz steigt: Laut aktuellen Studien sind knapp die Hälfte aller Arbeitnehmer:innen Risikofaktoren ausgesetzt, die sich negativ auf das psychische Wohlbefinden auswirken können. Deshalb haben wir die Kommission dazu aufgefordert, mentale Probleme als Berufskrankheiten anzusehen.

Die COVID-Pandemie verstärkte die Belastung noch zusätzlich auf unterschiedliche Weise: Steigende Arbeitsbelastung, Angst vor dem Virus, Abstandhalten und das Tragen von Masken in Firma. In anderen Branchen, wo Homeoffice möglich war, sind Arbeit und Privates teilweise total verschwommen. Mit dem „Recht auf Nichterreichbarkeit“ hat die EU versucht, dem einen Schritt entgegenzusetzen.

Direkte Konsequenzen von vermindertem psychischen Wohlbefinden sind geringere Arbeitszufriedenheit, erhöhte Fehlzeiten oder - im schlimmsten Fall - Burnouts bzw. erhöhte Mitarbeiter:innen-Fluktuation für Unternehmen. Das ist alles in dem Kontext zu sehen, wo die Wirtschaft in der ganzen Union angeschlagen ist und ein gesunder Arbeitsmarkt mehr denn je gebraucht wird. Der Zugang zu hochwertiger, präventiver Vorsorge dazu ist in der EU sehr ungleich.

Im engen Austausch mit den Sozialpartner:innen will die Kommission die Situation analysieren und verbessern. Eine Mitteilung über eine umfassende Herangehensweise im Bereich der psychischen Gesundheit wurde im Juni 2023 von der Kommission dazu herausgegeben.

Künstliche Intelligenz und deren Auswirkung auf den Arbeitsmarkt sowie die mentale Gesundheit war ebenfalls ein Thema: die KI habe eine große Auswirkung auf die Anzahl an Arbeitsplätzen, aber auch auf deren Qualität. Die EU müsse deshalb als Ganzes auf diese neue Technologie entsprechend reagieren. Die Vorteile, die sie mit sich bringe, müssen genutzt werden, genauso wie die Gefahren erkannt und gebannt werden müssen. Damit könne Künstliche Intelligenz auch zu einem Werkzeug werden, um die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz zu verbessern.

Und in Österreich?

Nicht erst seit der Pandemie leiden viele, insbesondere junge Menschen unter psychischen Erkrankungen. Leider ist dieses Thema immer noch stark stigmatisiert und insbesondere Arbeitnehmer:innen werden aufgrund ihrer psychischen Erkrankung diskriminiert und begeben sich aus Angst vor dieser Diskriminierung nicht in Behandlung. Es ist essentiell, dieses Stigma zu brechen: nur so können alle Menschen sich Unterstützung suchen und ein gesundes Leben führen.

Es ist wichtig, dass auch unsere Bundesregierung nicht länger tatenlos zusieht, sondern endlich wirksame Maßnahmen setzt. Österreich hat das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt („ILO 190“) bis heute noch nicht unterzeichnet. Das Übereinkommen verpflichtet Staaten dazu, gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen, um - auch psychische - Gewalt am Arbeitsplatz zu verhindern. Im Rahmen dieser Diskussion ist mir auch ein Appell an die österreichische Regierung wichtig, dieses Übereinkommen endlich zu ratifizieren und allen österreichischen Arbeitnehmer:innen diesen essentiellen Schutz zuzusprechen. Ich sehe keinen Grund, warum dies nicht schon lange geschehen ist. Jede:r Arbeitnehmer:in hat das Recht auf einen gesunden Arbeitplatz!