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Gewerkschaften an der Seite der Black Lives Matter-Bewegung

Die Protestwellen nach dem durch einen Polizisten verursachten Tod des Afroamerikaners George Floyd in Minneapolis haben sich rasch auf die gesamten USA ausgebreitet. Die systematische und tief verwurzelte Rassendiskriminierung, insbesondere gegenüber Schwarzen, rückte dabei immer stärker in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen. Schon nach wenigen Wochen hat sich die friedliche Protestwelle unter dem Motto #BlackLivesMatter gegen Rassismus und Polizeigewalt über weite Teile der Welt ausgedehnt und am 4. Juni auch in Wien zu einer Großkundgebung mit mehr als 50.000 Teilnehmenden geführt. Die Gewerkschaftsbewegung hat sich nicht nur in den USA, sondern auch in Europa und Österreich von Beginn an auf die Seite der Bewegung gestellt. Denn: Systematische Rassendiskriminierung sowie wirtschaftliche und soziale Ungleichheit gehen Hand in Hand und müssen überall auf der Welt bekämpft werden.

Strukturelle Diskriminierung im Bildungssystem und am Arbeitsmarkt

Viele AfroamerikanerInnen müssen aufgrund ihrer finanziellen Situation in Wohngegenden leben, in denen die Qualität der Schulen im Vergleich deutlich schlechter ist. Dadurch wird bereits im Kindesalter eine strukturelle Benachteiligung dieser Bevölkerungsgruppe manifestiert. In weiterer Folge ist in diesen Gegenden auch das Arbeitsmarktangebot schlechter und „people of color“ sind daher oftmals gezwungen, prekäre Beschäftigungsverhältnisse mit geringer Bezahlung und kaum sozialer Absicherung anzunehmen. 

Die US-Gleichstellungsbehörde klagt immer wieder größere Unternehmen in den USA (darunter auch europäische Konzerne), weil diese ihre Bewerbungsverfahren so ausgestalten, dass AfroamerikanerInnen von Beginn an systematisch „ausgesiebt“ werden und keine Chance auf eine Anstellung haben.

US-Gewerkschaften unterstützen landesweit aktiv die friedlichen Protestbewegungen 

FunktionärInnen der US-amerikanischen Transportgewerkschaft „ATU Local 1005“ in Minneapolis haben bereits Ende Mai ihre KollegInnen dazu aufgerufen, sich an den Protestmaßnahmen zu beteiligen. Städtische BusfahrerInnen haben sich in Folge geweigert, PolizistInnen zu Einsätzen gegen die Protestbewegungen zu transportieren oder festgenommene DemonstrantInnen in Gefängnisse zu befördern. Unterstützung erhielten die KollegInnen sogleich in New York, wo Mitglieder der lokalen Transportgewerkschaft „Transport Workers Union“ selbiges durchführten.

An der amerikanischen Westküste folgten am 19. Juni abertausende HafenarbeiterInnen von Alaska bis Hawaii dem Aufruf der US-amerikanischen Gewerkschaft ILWU, gegen den systematischen Rassismus und die Polizeimorde zu protestieren. An der zentralen Streikdemonstration in Oakland (Kalifornien) nahmen Zehntausende Menschen teil, die auch vor Augen führte, dass zahlreiche weitere Gewerkschaften sowie zivilgesellschaftliche Organisationen an den Protesten beteiligt waren. 

Systematische Rassendiskriminierung und gesundheitliche sowie wirtschaftliche Folgen der Corona-Pandemie sind untrennbar miteinander verbunden

Der Präsident des mitgliederstärksten amerikanisch-kanadischen Gewerkschaftsdachverbandes (AFL-CIO) Richard Trumka äußerte sich in einer bewegenden Stellungnahme zu den Hintergründen der Ermordung von George Floyd und stellte dabei die Zusammenhänge zwischen der Corona-Pandemie, der wirtschaftlichen Krise sowie der systematischen Rassendiskriminierung in den USA dar. Trumka machte dabei deutlich, dass die strukturelle Benachteiligung von AfroamerikanerInnen im Gesundheitssystem unbestritten sei und diese daher auch in besonders hohem Maße vom Corona-Virus erfasst wurden.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie haben bisher schon Millionen von Beschäftigten den Arbeitsplatz gekostet und vor allem schwarze ArbeitnehmerInnen besonders hart getroffen. Denn diese waren schon zuvor aufgrund der Diskriminierung im Bildungssystem und am Arbeitsmarkt in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Krankheit, Arbeitslosigkeit und der damit verbundene soziale Abstieg werden „people of color“ noch weiter ins Abseits drängen, was zu weiterer Diskriminierung und in Folge dessen zu mehr Gewalt führen wird. Die Corona-Pandemie, die daraus resultierende Wirtschaftskrise sowie die systematische Rassendiskriminierung sind also untrennbar miteinander verknüpft und müssen gemeinsam in Angriff genommen werden.

Ohne tiefgreifenden politischen Wandel gibt es keine nachhaltigen Veränderungen 

Trumka machte in seiner Stellungnahme auch klar, dass US-Präsident Trump mit seiner fremdenfeindlichen, rassistischen und diskriminierenden Politik die prekäre Situation für zahlreiche Bevölkerungsgruppen in den USA zwar verschärfe, das grundlegende Problem jedoch viel tiefgreifender sitzt.

Es braucht eine grundlegende Veränderung des wirtschaftlich und sozial ungerechten Gesamtzustandes in den USA, der für Millionen von Beschäftigten eine prekäre Lebens- und Arbeitssituation bedeutet.

Es braucht eine grundlegende Veränderung des wirtschaftlich und sozial ungerechten Gesamtzustandes in den USA, der für Millionen von Beschäftigten eine prekäre Lebens- und Arbeitssituation bedeutet.

Die Tradition der Unterdrückung an den Arbeitsplätzen, im Gesundheitssystem, am Wohnungsmarkt, in den Wahlgesetzen und vor allem im US-amerikanischen Strafrechtssystem muss aufgebrochen werden. Nur eine starke und solidarische ArbeiterInnenbewegung kann diese Veränderungen herbeiführen.