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Ungarn: Rechtsnationaler Orban setzt sich bei Parlamentswahlen klar durch

Dem ungarischen Ministerpräsident Viktor Orban ist es zum vierten Mal in Folge gelungen, stärkste politische Kraft bei den Parlamentswahlen zu werden. Seine Partei Fidesz („Ungarischer Bürgerbund“) erreichte mehr als 53% der Stimmen und kann sich in Folge einer umstrittenen Wahlreform auch über eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit im Parlament freuen.

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Das vereinte Oppositionsbündnis „Ungarn in Einheit“ unter der Führung des konservativen Spitzenkandidaten Peter Marki-Zay erreichte lediglich 35% der Stimmen. Die erfolglose Allianz war eine inhaltlich breite Koalition (links, grün, liberal, rechtskonservativ) aus insgesamt sechs verschiedenen Parteien.

Wahlerfolg fußt auf „System Orban“

Orban und seine Fidesz-Partei haben in Ungarn in den letzten Jahren schrittweise ein immer autoritäreres System eingeführt. Dieses beinhaltet die Gleichschaltung nahezu aller Medien im Land und die sukzessive Aushöhlung von Justiz und Rechtsstaat. So werden „kritische“ RichterInnen abgesetzt oder die Wahlgesetzgebung dahingehend abgeändert, dass Fidesz von der Aufteilung der Wahlbezirke besonders profitiert und mit Überhangmandaten leichter eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erreicht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte in Rechtsstaatlichkeitsverfahren insgesamt bereits sieben Mal gegen Ungarn.

Orban kontrolliert aber auch einen Gutteil der Wirtschaft in Ungarn. Insbesondere bei Aufträgen mit Subventionierung durch EU-Gelder kam es in seinem Umfeld bereits häufig zu Korruptionsfällen.

Der Regierungschef geht darüber hinaus gesetzlich derart rigide gegen Minderheiten im eigenen Land vor, dass ExpertInnen schon von menschenrechtswidrigen Rahmenbedingungen sprechen.

Vereintes Oppositionsbündnis: Wichtige gewerkschaftliche Forderungen in Wahlprogramm aufgenommen

Weite Teile der ungarischen Gewerkschaftsbewegung haben sich immer klar und deutlich gegen das „System Orban“ und seine Regierung positioniert. Die Gewerkschaften trafen sich daher bereits lange vor dem Wahltermin mit dem Oppositionsbündnis, um wesentliche Forderungen ihrerseits in das Wahlprogramm aufzunehmen. Dies ist auch gelungen: eine Novellierung des Arbeitsgesetzes, die Abschaffung des „Sklavengesetzes“ (siehe weiter unten) oder die Stärkung des Streikrechtes wurden im Wahlprogramm des Oppositionsbündnisses festgeschrieben.

Orban und seine Partei haben hingegen traditioneller Weise kein Wahlprogramm vorgelegt und von den Gewerkschaften aufgestellte Forderungen ignoriert.

Orban verfolgt seit jeher Politik gegen Beschäftigte und Gewerkschaften

Bereits die Änderungen in der ungarischen Arbeitsverfassung 2012 hatten massive Eingriffe in die Rechte von Beschäftigten sowie für die Gewerkschaften in den Betrieben zur Folge. Dazu zählten etwa die Kürzungen von Urlauben, Verringerungen von Schichtzulagen sowie die Aufhebung des Kündigungsschutzes von älteren Beschäftigten und Müttern in Elternkarenz. Auch das Streikrecht wurde eingeschränkt: ArbeitgeberInnen können etwa auf die Erbringung einer Mindestleistung während des Arbeitskampfes pochen.

Gewerkschaften kämpfen weiterhin gegen „Sklavengesetz“

Anfang 2019 hat die Orban-Regierung das Arbeitszeitgesetz geändert. Das maximale jährliche Überstundenkontingent wurde von 250 Stunden auf 400 Stunden angehoben. Die 150 zusätzlichen Überstunden „können“ die Beschäftigten mit ihren jeweiligen ArbeitgeberInnen „freiwillig“ vereinbaren. Der Zeitrahmen für die Bezahlung der Überstunden wurde von bisher sechs Monaten auf drei Jahre ausgeweitet.

Laut Regierung war das Ziel dieser Maßnahmen, den Arbeitskräftemangel durch eine Verlängerung der Arbeitszeit auszugleichen. Die ungarischen Gewerkschaften befürchteten hingegen zurecht, dass dadurch eine weitere Abwanderung der Arbeitskräfte ins Ausland folgen wird und kämpfen bis heute für eine Aufhebung dieses Gesetzes.