Betriebsräte beharren auf Freiwilligkeit bei Impfungen
„Die Beschäftigten arbeiten ohnehin seit Monaten am Anschlag und haben die Belastungsgrenze längst überschritten. Die Vorbereitung und Durchführung der Impfungen bedeutet einen weiteren erheblichen Arbeitsaufwand“, zeigt Margit Luxner, Vorsitzende des Wirtschaftsbereiches Gesundheit und Soziales der Gewerkschaft GPA Tirol, auf. Gerade in diesem sensiblen Bereich wird eine Impfpflicht heiß diskutiert. Auch wenn die Entscheidung zur Impfung freiwillig ist, wird vielerorts Druck auf die Beschäftigten ausgeübt.
Kurze Zeitspanne für Impfvorbereitung
Luxner arbeitet im Bereich der Pflege und ist selbst Betriebsratsvorsitzende in einem großen Kitzbüheler Pflegeheim. Sie ortet unter ihren KollegInnen eine Impfbereitschaft von circa 50 Prozent. „Uns ist klar, dass die Impfungen ein Hoffnungsschimmer für normale Arbeitsbedingungen sind, weswegen wir alle Maßnahmen selbstverständlich unterstützen. Der Mehraufwand ist allerdings enorm. Am 30. November 2020 erreichte uns ein Schreiben, dass wir bis zum 3. Dezember alle BewohnerInnen und MitarbeiterInnen bekannt geben sollen, die sich impfen lassen müssen. Allein die Bedarfserhebung und das Einholen der oft notwendigen Einverständniserklärung der Angehörigen innerhalb von nur wenigen Tagen war kaum zu schaffen. Hängen geblieben ist diese Aufgabe einmal mehr am Personal“, zeigt sie auf.
Sie betont die Freiwilligkeit in Bezug auf die Impfung: „Das muss jedem selbst überlassen bleiben. Offen sind zudem noch zahlreiche Fragen wie beispielsweise die Haftung. Was ist, wenn jemand, der sich nicht impfen lassen wollte, erkrankt – wie schaut das in Bezug auf die AUVA aus? Welche Vorgaben gelten für Schwangere?“, so Luxner.
Gertraud Pichler, Betriebsratsvorsitzende im Heim der Barmherzigen Schwestern, vertritt in ihrer Funktion rund 300 MitarbeiterInnen in Tirol. „Uns ist es dank der guten Zusammenarbeit mit Geschäftsführung und Betriebsärztin gelungen, vielerorts die Skepsis zu nehmen. Die Impfbereitschaft unter den Beschäftigten ist groß, auch weil viele wissen, dass dieser Weg der einzige zurück zur Normalität ist. Die Freiwilligkeit muss aber in jedem Fall gegeben sein!“, betont sie. Unter ihren ArbeitskollegInnen ortet sie ebenfalls eine hohe Impfbereitschaft.
Mag. Martin Woller ist als Betriebsratsvorsitzender der ARBAS Tirol im arbeitsmarktpolitischen Bereich tätig. Auch ihm fehlen noch zahlreiche Antworten auf offene Fragen: „Wir betreten hier quasi Neuland. Unter diesem Aspekt an eine Impfpflicht zu denken, ist absurd. ArbeitnehmerInnen sind keine Versuchskaninchen. Ob sich jemand impfen lassen will, muss eine rein persönliche Entscheidung bleiben und hat den Arbeitgeber nicht zu interessieren.“
Mit vielen Anfragen ist auch Ralf Wiestner, Regionalsekretär der Gewerkschaft GPA Tirol, konfrontiert. „Zahlreiche MitarbeiterInnen berichten uns, dass sehr wohl Druck von der Chefetage in Bezug auf eine Impfung ausgeübt wird. Die Angst, für eine Virusverbreitung in sensiblen Bereichen wie in Heimen verantwortlich zu sein, begleitet die Beschäftigten ohnehin seit Ausbruch der Pandemie, der Druck ist groß. Hier zusätzlich Stress zu erzeugen, halte ich für absolut kontraproduktiv“, so Wiestner. Er sieht zudem die Verantwortlichen in der Pflicht, im Bereich der Impfstrategie nachzubessern: „Wenn die Durchimpfung in den Heimen schon Wochen in Anspruch nimmt, wo eine funktionierende Infrastruktur besteht, fragt man sich schon, mit welcher Zeitschiene man in Bezug auf die restliche Bevölkerung rechnen muss.“
Rückfragen:
Ralf Wiestner, Sekretär der Gewerkschaft GPA-djp, mobil: 0676-817118104
Helena Sachers, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ÖGB Tirol, mobil: 0664-6145186