Gewalt im Pflegebereich darf kein Tabuthema mehr sein!
Beschäftigte müssen bestmöglich geschützt werden
Gewalt im Pflegebereich ist keine Seltenheit, aber nach wie vor ein Tabuthema. Dabei gehören Aggressionen und tätliche Angriffe mittlerweile zum Berufsalltag. Die Gewerkschaft GPA Tirol macht sich für eine Enttabuisierung stark und fordert klare Regelungen sowie Fortbildungen und Supervisionen für die Beschäftigten. Zudem sollen Mitarbeiter:innen endlich in die Schwerarbeiter-Regelung fallen.
Gewalt hat viele Formen – von körperlicher Gewalt über psychischer bzw. verbaler Gewalt bis hin zur sexuellen Gewalt. „Gewalt und Aggressionen gab es im Pflegebereich schon immer, allerdings gilt es nach wie vor als Tabuthema. Körperliche Angriffe beinhalten oft Kratzen oder Schläge, psychische Gewalt äußerst sich häufig in Verspotten, Auslachen, Drohungen oder Demütigungen. Auch sexuelle Gewalt kommt leider sehr häufig vor, das reicht von anzüglichen Bemerkungen bis hin zu unerwünschten körperlichen Berührungen. Die Mitarbeiter:innen stehen solchen Situationen oft machtlos gegenüber, beispielsweise wenn es um an Demenz erkrankte Pflegebedürftige geht“, weiß Margit Luxner, Vorsitzende des GPA-Gesundheits- und Pflegebereichs Tirol und selbst Betriebsratsvorsitzende in einem Tiroler Pflegeheim, zu berichten.
Weitere Branchenflucht befürchtet
Sie betont: „Neben den berufsbedingt außerordentlich hohen Belastungen sorgt Gewalt jeglicher Form für zusätzlich erschwerte Arbeitsbedingungen. Wir müssen uns dringend und rasch dieser Problematik annehmen, denn gerade in diesen Bereichen gilt es, die Beschäftigten in den Betrieben zu schützen bzw. zu unterstützen. Andernfalls steht zu befürchten, dass die ohnehin vorherrschende Branchenflucht weiter vorangeht. Der Pflegebereich muss daher noch lauter werden, gerade was Arbeitszeitverkürzung, mehr Personal und bessere Bezahlung angeht, um hier einen Ausgleich für die teils schwierigen Arbeitsbedingungen zu schaffen.“
Prävention und klare Spielregeln
„Es ist wichtig, dass Betriebe mit dem Thema Gewalt am Arbeitsplatz offen und transparent umgehen und dass dafür klare Spielregeln festgelegt werden. Wir appellieren daher an Arbeitgeber:innen und Betriebsrät:innen, das Thema Gewalt in Betriebsvereinbarungen klar zu regeln. So sind beispielsweise Vereinbarungen zu Fortbildungen und Supervisionen möglich“, so Ralf Wiestner, stv. Geschäftsführer der Gewerkschaft GPA Tirol. Entsprechende Präventionsmaßnahmen seien ebenso wichtig wie Anlaufstellen für den Ernstfall sowie Angebote wie Supervision. Wiestner erinnert in diesem Zusammenhang die Arbeitgeberseite an ihre Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten. Er appelliert zudem: „Rasches Handeln bei Vorfällen ist dringend notwendig. Die Beschäftigten dürfen damit nicht allein gelassen werden!“
Arbeitszeitverkürzung und Schwerarbeiter-Regelung
Generell führe an einer Entlastung des Pflegepersonals in Form einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich kein Weg vorbei, ebenso sollten Beschäftigte in die Schwerarbeiter-Regelung fallen. „Die Beschäftigten haben die Belastungsgrenze längst überschritten, Pflege ist physische und psychische Schwerarbeit. Um den Pflegeberuf wieder attraktiver zu gestalten, braucht es mehr Personal und eine höhere Entlohnung sowie mehr Freizeitphasen zur Erholung und einen fairen Pensionsantritt. Viele Probleme im Pflegebereich sind der Politik zwar bewusst, allerdings wird es nach wie vor verabsäumt Verbesserungen zu schaffen“, so Wiestner.