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Gewerkschaft GPA Tirol zu stockenden SWÖ-Kollektivvertragsverhandlungen

Arbeitgeber provozieren mit Angebot weit unter Inflationsrate - Betriebsversammlungen in Vorbereitung

Gestern (Donnerstag) Abend wurde die zweite Verhandlungsrunde für den Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) ergebnislos unterbrochen. Während die Inflation weiterhin auf einem anhaltenden Hoch liegt, will man den Beschäftigten im privaten Pflege-, Sozial- und Gesundheitsbereich den Boden unter den Füßen wegziehen: eine Erhöhung der Einkommen von gerade einmal 1,25% – so lautet das Angebot der Arbeitgeber. Der Abschluss soll noch dazu für zwei Jahre gelten und eine maximale Erhöhung in diesem Zeitraum auf 2,5% vorsehen, wobei die Aufteilung auf 2026 und 2027 dabei völlig ungewiss bleibt. Die rollierende Inflation liegt dagegen bei 3,2%. Die Gewerkschaft GPA bereitet jetzt Betriebsversammlungen vor, um Beschlüsse für erste Warnstreiks zu fassen.

Von jung bis alt: Weniger Personal, weniger Leistung

„Unsere Kolleginnen und Kollegen im Pflege-, Sozial- und Gesundheitsbereich haben sich eindeutig mehr verdient“, betont Margit Luxner, Vorsitzende des Wirtschaftsbereichs Gesundheit und Soziales in der Gewerkschaft GPA Tirol und KV-Verhandlerin, nach dem erneut ergebnislosen Abbruch der zweiten Verhandlungsrunde. Das Angebot sei nicht akzeptabel – und das aus gutem Grund: Ein Abschluss unter der Inflationsrate bedeutet realen Kaufkraftverlust für Menschen, die täglich für andere da sind. „Die Konsequenzen treffen uns alle. Von Bildung bis Betreuung, von der Kinderkrippe bis zum Pflegeheim: Weniger Personal bedeutet automatisch weniger Angebot und somit weniger Leistung. Diese Leistungen betreffen jeden – heute die Kinder, morgen die Großeltern, übermorgen uns selbst“, verdeutlicht Luxner und betont: „Das Angebot ist ein Schlag ins Gesicht jener, die als ‚systemrelevant‘ beklatscht wurden und nun mit massiven Gehaltsverlusten kämpfen müssen.“

„Lassen uns das nicht gefallen!“

„Dieses Angebot beweist eine deutliche Geringschätzung der Beschäftigten – noch dazu in einem Bereich, in dem es so gut wie keine Überzahlung gibt. Hinzu kommt die hohe, von den Arbeitgebern gewollte Teilzeitquote. Dieses Angebot ist das schlechteste seit langem!“, zeigt sich Sonja Föger-Kalchschmied angesichts der Unverfrorenheit der Arbeitgeber fassungslos. Die geschäftsführende ÖGB-Landesvorsitzende ist in ihrer Funktion als Betriebsratsvorsitzende der Lebenshilfe Tirol ebenfalls KV-Verhandlerin. Sie betont weiters: „Das lassen wir uns sicher nicht gefallen! Auch von der Bevölkerung erhalten wir viel Solidarität und Zuspruch, dass unsere unverzichtbare Arbeit fair abgegolten werden muss.“

Angst vor leeren Kassen – auf Kosten der Beschäftigten?

Die Angst der Arbeitgeber ist offensichtlich: Sie fürchten, von der Politik weniger Geld zu bekommen. „Menschen, die sich um unsere Schwächsten kümmern, verdienen mehr als Unsicherheit und Kaufkraftverlust! Vom Applaus für die Systemrelevanten ist nichts geblieben – außer der bitteren Erkenntnis, dass Wertschätzung offenbar nicht in Euro und Cent messbar sein soll“, kann auch Ralf Wiestner, Geschäftsführer-Stv. der Gewerkschaft GPA Tirol, seinen Ärger nicht verbergen.

Gangart wird verschärft

Er beschreibt die weitere Vorgangsweise: „Die Betriebsrät:innen sind extrem aufgebracht und wütend – das Angebot der Arbeitgeber wurde einstimmig abgelehnt! Wir werden daher zeitnah flächendeckend Betriebsversammlungen einberufen, in denen die notwendigen Beschlüsse für Warnstreiks gefasst werden. Wir werden nicht lockerlassen, bis ein vernünftiges Angebot auf dem Tisch liegt!“

Aktion „Vier gewinnt“

Bereits in den vergangenen Wochen hatten die Beschäftigten im Rahmen der Aktion „Vier gewinnt“ für vier Minuten ihre Arbeitszeit für vier Minuten unterbrochen. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 27. November angesetzt. Der Kollektivvertrag für den privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich (Sozialwirtschaft Österreich) gehört mit rund 130.000 Beschäftigten zu den größten in Österreich und umfasst in Tirol rund 11.000 Beschäftigte.