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SOS-Kinderdorf International in der Krise – Mitarbeitende warnen: „Zerschlagung droht“

Eine der traditionsreichsten Sozialorganisationen Österreichs, SOS-Kinderdorf International, steht vor einer ernsten Zerreißprobe. Die Gewerkschaft GPA Tirol schlägt Alarm.

Eine der traditionsreichsten Sozialorganisationen Österreichs, SOS-Kinderdorf International, steht vor einer ernsten Zerreißprobe. Die Gewerkschaft GPA Tirol schlägt Alarm: Zahlreiche Beschäftigte haben sich in den letzten Monaten mit großer Sorge an die Gewerkschaft gewandt, so der Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft GPA Tirol, Harald Schweighofer.

SOS-Kinderdorf International wurde 1949 in Imst gegründet – heute befindet sich der Hauptsitz in Wien. Die Verlagerung von Innsbruck in die Bundeshauptstadt war für viele langjährige Mitarbeitende bereits ein deutliches Signal: Der über Jahrzehnte gewachsene Kern der Organisation wird strategisch geschwächt – mit weitreichenden Folgen für die Belegschaft und den internationalen Zusammenhalt sowie die Zielgruppen der Organisation.

Seit Jahren laufen unter dem Titel „Transformation“ tiefgreifende Umstrukturierungen. Doch statt einer klaren Neuausrichtung berichten Beschäftigte von chaotischen Prozessen, Orientierungslosigkeit und einem Klima der Angst. Teams werden zerschlagen, erfahrene Kolleg:innen gekündigt, Leistungen zurückgefahren.

„Was hier abläuft, ist kein Umbau – das ist eine schleichende Zerschlagung“, heißt es aus der Belegschaft.

Zentrale Fragen bleiben unbeantwortet

Die Gewerkschaft GPA Tirol kritisiert eine dramatische Entwicklung: „Der internationale Zusammenschluss der über 130 SOS-Kinderdorf-Vereine (der ‚Föderation‘) droht zu zerfallen. Es fehlen klare Antworten auf grundlegende Fragen: Welche Aufgaben soll das internationale Sekretariat künftig erfüllen? Welche Leistungen bleiben erhalten? Und wer übernimmt dafür Verantwortung?“, so Schweighofer.

„Viele Entscheidungen wirken politisch motiviert. Starke Mitgliedsländer setzen ihre Interessen durch – kleinere Länder bleiben auf der Strecke. Und die Beschäftigten? Sie bleiben außen vor“, schildern betroffene Mitarbeiter:innen.

Statt Mitsprache erleben viele Beschäftigte Entwertung und Ohnmacht. Interne Umfragen des Betriebsrates zeigen: Über 20 % berichten von Mobbing oder Einschüchterung im Arbeitsumfeld. Führungskräfte wechseln laufend, Entscheidungsprozesse sind undurchsichtig, fundierte Kritik wird oftmals als störend abgetan oder es wird nicht darauf eingegangen.

Ein seit Jahren gewachsener Geist des Miteinanders wird untergraben – von einer tiefgreifenden Vertrauenskrise, fehlender Strategie und wachsender sozialer Kälte.

Mission gefährdet – Kinder und Familien zahlen den Preis

Die Gewerkschaft GPA Tirol war in der Vergangenheit in Gespräche zu Sozialplänen eingebunden. Dennoch werden laufend weitere Arbeitsplätze gestrichen – viele Kolleg:innen verlieren ihre Existenz, auch solche, die kurz vor der Pension stehen. Der Druck ist enorm, auch für jene, die bleiben.

Dabei geht es längst nicht nur um Arbeitsplätze – sondern um den Kern der Organisation: Kinder, Jugendliche und Familien, die weltweit auf Unterstützung angewiesen sind.

„Wenn wir das internationale Rückgrat zerschlagen, verlieren vor allem jene, die auf Hilfe angewiesen sind. Was bleibt dann vom SOS-Kinderdorf?“, warnt Schweighofer.

Gewerkschaft GPA fordert: Umdenken – bevor es zu spät ist

Einen Tag vor der internationalen Generalversammlung von SOS-Kinderdorf International fordert die GPA Tirol:

  • Sofortiger Stopp der weiteren Zerschlagung des internationalen Sekretariats
  • Klare und transparente Kommunikation der geplanten Schritte
  • Rechenschaftspflicht, bei gescheiterten Initiativen für beschlossene geplante Schritte, gegenüber Mitarbeitenden wie auch der Zielgruppe
  • Echte Einbindung der Mitarbeitenden in Entscheidungen (eine entsprechende Rahmenvereinbarung dazu wurde sogar schon mit der weltweit tätigen Gewerkschaftsorganisation Uniglobal erstellt, jedoch vom Aufsichtsorgan von SOS Kinderdorf abgelehnt)
  • Verantwortung gegenüber der Geschichte und dem sozialen Auftrag der Organisation

„SOS-Kinderdorf ist ein Stück österreichische Sozialgeschichte – gegründet aus Menschlichkeit und Verantwortung. Das darf nicht hinter verschlossenen Türen geopfert werden.“