Stress im Beruf und mein Kind ist krank!
Pflegefreistellung: Tipps für berufstätige Eltern
Der Schulstart in Tirol ist da. Damit beginnt für viele Kinder, aber vor allem auch Eltern die heiße Phase zwischen Üben für das nächste Schuljahr, Schnäppchenjagd auf Hefte und Co. und der weiteren Organisation des Alltags. „Doch wie wohl alle Eltern wissen, schützt gute Vorbereitung leider nicht vor Überraschungen. Kommen familiäre Betreuungspflichten zusätzlich zum Job dazu, wird es für berufstätige Eltern schnell schwierig, die Verantwortung unter einen Hut zu bringen“, betont Harald Schweighofer, Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft GPA Tirol. Wir werden daher in Betriebe mit Betriebsrat über 2.000 Angestellte über die Pflegefreistellung und unsere Aktion „Stress im Beruf und mein Kind ist krank!“ informieren.
„Am Abend vor dem nächsten Dienst klagt die Tochter plötzlich über Bauchweh oder während dem wichtigen Termin meldet sich der Kindergarten, dass das Kind mit Fieber abzuholen ist. Diese Situationen kennen wohl alle berufstätigen Eltern“, so Mag. Verena Zisler, Juristin der Gewerkschaft GPA Tirol. „Gerade deshalb ist es so wichtig, dass Eltern ihre Ansprüche kennen und wissen unter welchen Voraussetzungen sie dem Dienst fernbleiben dürfen“.
Im Detail sind die gesetzlichen Regelungen jedoch oft komplex. Mag. Verena Zisler, beantwortet deshalb die wichtigsten Fragen zum Thema Pflegefreistellung:
Welche Fälle von Pflegefreistellung gibt es?
„Eine Pflegefreistellung ist aus drei Gründen möglich“, betont Rechtsexpertin Zisler: „Etwa, weil mein Kind krank ist und nicht in den Kindergarten kann oder die Betreuungsperson zum Beispiel aufgrund einer Krankheit ausfällt und ich mein Kind selbst betreuen muss. Ist mein Kind unter zehn Jahre alt, dann kann ich die Pflegefreistellung auch nutzen, wenn ich es ins Krankenhaus begleiten muss“.
Wie lange habe ich Anspruch auf Pflegefreistellung?
Der Grundanspruch beträgt laut § 16 des Urlaubsgesetzes (UrlG) eine Wochenarbeitszeit pro Arbeitsjahr. „Wenn ich 20 Stunden pro Woche arbeite, stehen mir also 20 Stunden Freistellung zu“, so Zisler. Wichtig: Das gilt nicht nur bei der Betreuung von Kindern, sondern auch, wenn Angehörige oder Haushaltsmitglieder gepflegt oder betreut werden müssen.
Wann habe ich Anspruch auf weitere Pflegefreistellung?
„Doch keine Sorge: Auch wenn dieser Grundanspruch verbraucht ist, bedeutet das nicht, dass ich danach komplett auf mich alleine gestellt bin, wenn mein Kind erneut krank wird“, beruhigt Zisler. „Denn bei Kindern unter 12 Jahren steht im Fall einer Erkrankung auch die erweiterte Pflegefreistellung zu, die ebenfalls eine Wochenarbeitszeit beträgt.“
Achtung: Für den weiteren Anspruch braucht es einen neuen Anlass. Es können nicht durchgehend zwei Wochenarbeitszeiten aus demselben Grund in Anspruch genommen werden!
Was mache ich, wenn mein Anspruch auf Pflegefreistellung bereits verbraucht ist?
Doch was tun, wenn der gesamte Anspruch verbraucht ist? GPA-Rechtsexpertin Zisler nennt zwei Möglichkeiten: „Einerseits haben Beschäftigte das Recht, Urlaub zu nehmen, wenn noch offener Urlaub vorhanden ist. Andererseits empfehle ich vorher dringen zu prüfen, ob ein Dienstverhinderungsgrund vorliegt.“
Tipp: Deine Gewerkschaft GPA berät dich gerne telefonisch oder vor Ort, ob ein Dienstverhinderungsgrund nach § 8 Abs. 3 AngG bzw. § 1154b Abs 5 ABGB bei dir vorliegt!
Was sind Dienstverhinderungsgründe aufgrund familiärer Pflichten?
Neben der Pflegefreistellung gibt es nämlich noch die Möglichkeit, persönliche Dienst-verhinderungsgründe geltend zu machen. „Dazu gehören unter anderem familiäre Pflichten. Voraussetzung ist, dass die Dienstverhinderung ohne mein Verschulden zustande kommt und verhältnismäßig kurz andauert“, erklärt Zisler. „In der Praxis wäre das zum Beispiel der Fall, wenn die Schule unerwartet schließt oder ich einen plötzlich schwer erkrankten Angehörigen im Spital besuchen muss“, so Zisler weiter.
Muss ich meinen Arbeitgeber informieren?
Sowohl im Fall einer Pflegefreistellung als auch eines Dienstverhinderungsgrundes muss ich meinen Arbeitgeber so schnell wie möglich informieren. „Ich sollte als unbedingt mit meinem Arbeitgeber sprechen und auch bekannt geben, wie lange ich voraussichtlich fernbleiben muss“, betont Zisler. „Mein Chef kann auch eine Bestätigung, zum Beispiel eines Arztes verlangen. Wenn mir dadurch Kosten entstehen, muss sie der Arbeitgeber jedoch ersetzen!“, so Zisler.
Darf ich gekündigt werden, weil ich eine Pflegefreistellung in Anspruch nehme?
Sollte eine Beschäftigte wegen der beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Pflegefreistellung gekündigt werden, kann die Kündigung bei Gericht bekämpft werden, erklärt Rechtsexpertin Zisler. Auch eine diskriminierende Auflösung in der Probezeit oder die Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses kann aus diesem Grund bekämpft werden.
„Lässt man die Kündigung gegen sich gelten, kann alternativ Schadenersatz verlangt werden“, fügt Zisler hinzu. Aber Achtung: Die Fristen für die Anfechtung sind sehr kurz. „Wende dich daher sofort an die Gewerkschaft, wenn du die Kündigung bekämpfen willst und in deinem Betrieb weiterarbeiten möchtest!“, rät Zisler abschließend.