Tag der Pressefreiheit: Qualitätsjournalismus endlich absichern
Neuausrichtung der Medienförderung – unabhängigen ORF sichern
„Außer Ankündigungen hat die heimische Medienlandschaft von der neuen Medienministerin bis heute leider nichts wahrgenommen“, kritisieren Eike-Clemens Kullmann und Stefan Jung, die Vorsitzenden der Wirtschaftsbereiche JournalistInnen und ORF-JournalistInnen sowie ORF-Töchter in der Gewerkschaft GPA, anlässlich des Tages der Pressefreiheit. Um qualitätsvollen, kritisch hinterfragenden Journalismus und damit einen Grundpfeiler für eine funktionierende demokratische Gesellschaft abzusichern und zu stärken, müsse die Politik endlich handeln. „Der neuerliche Absturz im Ranking der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen mache konkrete Schritte noch dringlicher.
„Dafür braucht es vor allem eine Neuausrichtung der Medienförderung mit klar definierten Qualitätsstandards. Die Politik muss hier endlich zur Kenntnis nehmen, dass Qualität messbar ist und dies nicht als Argument vorgeschützt werden kann, warum in dieser Frage nichts weitergeht. Dieser qualitätsvolle Journalismus muss zugleich – egal auf welcher Plattform er stattfindet - mit deutlich mehr Mitteln unterstützt werden“, fordert Kullmann.
Unabdingbar nötig sei übrigens auch, klare, transparente Regelungen für die Vergabe von Regierungsinseraten zu schaffen. Hier sind auch die Medienhäuser gefordert. „Inserate dürfen keinen Einfluss auf die Berichterstattung in ihren Redaktionen beinhalten. Denn klar ist, wo Propaganda gedeiht, stirbt die Pressefreiheit“, sagt Kullmann.
Novelle zum ORF-Gesetz überfällig
„Nicht nur bei Neuregelung der Vergabe von Inseraten und der Presseförderung ist die Politik säumig“, ergänzt Jung, „überfällig ist auch eine Novelle zum ORF-Gesetz, die den ORF als „Rundfunk der Gesellschaft“ unabhängig von politischem Einfluss macht und die ihm den notwendigen Handlungsspielraum garantiert.“ Dazu gehören unter anderem eine Gremienreform, die Sicherstellung einer unabhängigen Finanzierung und neue Rahmenbedingungen für die Digitalisierung.
Zum Tag der Pressefreiheit erinnert Jung an die Anfang dieses Jahres öffentlich gewordenen Sideletter zu den Koalitionsvereinbarungen der türkis-blauen sowie der türkis-grünen Regierung und die damit verbundenen Absprachen und Postenvergaben im öffentlich-rechtlichen ORF. „Diese geheimen Nebenabsprachen offenbaren die Dreistigkeit, mit der sich auch die aktuellen Regierungsparteien ÖVP und Grüne ein vermeintliches Vorschlagsrecht für die ORF-Direktoren und den Stiftungsratsvorsitz anmaßen. Schon am 19. Mai bei der Konstituierung des ORF-Stiftungsrates und der Neuwahl des Vorsitzes wird sich zeigen, ob diese Sideletter-Vereinbarung auch tatsächlich eingehalten wird.“
Die Sideletter und der versuchte Postenschacher erwecken den Eindruck des Staatsfunks, sie beschädigen den Ruf und die Unabhängigkeit des ORF und seiner Berichterstattung. Der ORF ist weder ein „Hilfsorgan der Regierung“ (©Rundfunkjurist Hans Peter Lehofer) noch eine politische Vorfeld-Organisation, in der Parteien oder die Regierung zu Personalentscheidungen berechtigt wären.
Informationsfreiheitsgesetz aus der Schublade
Endlich in die Gänge kommen muss die Regierung auch beim Thema Abschaffung des Amtsgeheimnisses. „Es kann nicht sein, dass zwar ein Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes vorgelegt wird, wegen Kritik vor allem aus den Bundesländern aber einfach schubladisiert wird“, kritisiert Kullmann. Was aber keinesfalls heißen soll, dass der vorgelegte Entwurf mit seinen schwammigen Formulierungen nur annähernd den Anforderungen Genüge tun würde.
Am Tag der Pressefreiheit ist auch ein Blick über die Grenzen geboten. Und hier insbesondere zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Dort sind innerhalb von acht Wochen bereits mindestens sieben JournalistInnen gestorben. Es gibt empörende Berichte darüber, dass russische Streitkräfte gezielt Jagd auf Berichterstatter machen. „Wer JournalistInnen vorsätzlich tötet, begeht Kriegsverbrechen“, sagen die Gewerkschafter Kullmann und Jung.