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Pflegefreistellungen (§ 16 UrlG)

Stand: 1.11.2023

1. Die Pflegefreistellung kann während des Arbeitsverhältnisses in Anspruch genommen werden, für die notwendige Pflege eines erkrankten nahen Angehörigen oder einer im gemeinsamen Haushalt lebenden erkrankten Person.

Es ist für den Rechtsanspruch der Pflegefreistellung von nahen Angehörigen ein gemeinsamer Haushalt mit dem Erkrankten ab 01.11.2023 nicht mehr notwendig. Ebenso neu für Pflegefreistellungen ab November 2023 ist, dass für Menschen (hier braucht es keine Angehörigeneigenschaft), die mit der Arbeitnehmer:in im gemeinsamen Haushalt leben und krank sind, ebenso eine Pflegefreistellung beansprucht werden kann.

2. Es besteht auch Anspruch auf Betreuungspflegefreistellung bei notwendiger Betreuung eines gesunden Kindes aufgrund des Ausfalls einer Person, die das Kind ständig betreut (zB Oma muss vorübergehend ins Spital) oder des Ausfalls des betreuenden anderen Elternteils (Adoptiv- oder Pflegeelternteils) durch ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis für eine nicht bloß verhältnismäßige kurze Zeit hat aus Gründen des §15d MSchG (Tod, Spitalsaufenthalt, Freiheitsstrafe, schwere Erkrankung, Wegfall des gemeinsamen Haushalts).  Auch Stiefeltern (Ehepartner, eingetragene Partner oder Lebensgefährten) haben Anspruch auf Betreuungspflegefreistellung, wenn sie die Kinder ihres Partners bzw ihrer Partnerin betreuen, wenn das Kind im gemeinsamen Haushalt wohnt. 

3. Bei stationären Krankenhausaufenthalten ist das Begleiten von Kindern (Wahl- und Pflegekindern) oder eines im gemeinsamen Haushalt lebenden leiblichen Kindes des anderen Ehegatten (eingetragenen Partners oder Lebensgefährten) für nahe Angehörige jedenfalls bis zum 10. Geburtstag des Kindes möglich (= Begleitungspflegefreistellung). Es ist nicht mehr erforderlich, dass die Begleitung der Kinder „medizinisch notwendig“ ist!

Nahe Angehörige sind der Ehegatte, der eingetragene Partner und Personen, mit denen  der Arbeitnehmer in gerader Linie verwandt ist (Kinder, Enkel, Urenkel, Eltern, Großeltern, Urgroßeltern), außerdem Wahl- und Pflegekinder, im gemeinsamen Haushalt lebende leibliche Kinder des anderen Ehegatten oder des eingetragenen Partners oder des Lebensgefährten sowie der Lebensgefährte selbst.

Ein gemeinsamer Haushalt ist dann gegeben, wenn eine Wirtschafts- und Wohngemeinschaft besteht, der bloße Meldezettel reicht nicht aus. Auch ein bloßes Nebeneinanderwohnen gilt nicht als gemeinsamer Haushalt. Es ist egal, ob eine Erziehungsberechtigung oder ein Unterhaltsanspruch gegenüber dem Angehörigen besteht oder nicht.

Es besteht eine unverzügliche Meldepflicht an den Arbeitgeber, dass die Pflegefreistellung in Anspruch genommen wird, es bedarf aber keiner Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer:in. Verlangt der Arbeitgeber jedoch einen Nachweis für den Verhinderungsgrund im Sinne der Pflegefreistellung (beispielsweise eine ärztliche Bestätigung), ist dieser vorzulegen. Möglicherweise anfallenden Kosten dafür sind vom Arbeitgeber zu tragen.

Die Pflegefreistellung unter Entgeltfortzahlung beträgt eine Arbeitswoche pro Arbeitsjahr. Das Entgelt wird in dieser Zeit weiterbezahlt, obwohl nicht gearbeitet wurde.

Eine weitere zweite Woche Pflegefreistellung innerhalb des gleichen Arbeitsjahres gibt es nur im Rahmen der Krankenpflegefreistellung und nur dann, wenn der erste Freistellungsanspruch (egal ob durch Kranken-, Betreuungs- oder Begleitungspflegefreistellung) verbraucht ist, wegen der notwendigen Pflege eines im gemeinsamen Haushalt lebenden eigenen Kindes (Adoptiv- oder Pflegekindes) oder im gemeinsamen Haushalt lebenden leiblichen Kindes des anderen Ehegatten (eingetragenen Partners, Lebensgefährten) und

  • das Kind unter 12 Jahre alt ist,
  • AN an der Arbeitsleistung neuerlich verhindert ist,
  • kein anderer Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen Dienstverhinderung (zB § 8/3 Angestelltengesetz, Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag) besteht.

Es gibt daher keinen Anspruch auf eine durchgehende zweiwöchige Pflegefreistellung. Angestellte können sich im Einzelfall auf einen gesetzlichen Dienstverhinderungsgrund berufen oder notfalls Urlaub ohne vorherige Vereinbarung mit dem Dienstgeber unter Hinweis auf das Pflegeerfordernis antreten, sofern noch offener Urlaub besteht.

Seit 1.1.2013 wurde auch der gesetzliche Unfallversicherungsschutz auf Personen ausgeweitet, denen keine „gesetzlichen, sondern nur „schlichten“ Aufsichtspflichten obliegen. Damit sind auch berufstätige LebensgefährtInnen, Großeltern und Tageseltern gesetzlich unfallversichert, wenn sie Kinder in eine Kinderbetreuungseinrichtung oder zur Schule bringen.

Sollte ab 01.11.2023 aufgrund einer beabsichtigten oder tatsächlichen Inanspruchnahme einer Pflegefreistellung nach § 16 UrlG es zu einer Kündigung durch die Arbeitgeber:in kommen, hat die Arbeitnehmer:in die schriftliche Begründung der Kündigung binnen fünf Kalendertage ab Zugang der Kündigung zu verlangen. Die Arbeitgeber:in hat diese binnen weiteren fünf Kalendertage ab dem Verlangen auszuhändigen. Der Umstand, dass eine schriftliche Begründung nicht ausgestellt wurde, ändert nichts an der Rechtswirksamkeit der Kündigung. Eine Kündigung aufgrund der Inanspruchnahme einer Pflegefreistellung kann nach Prüfung der Sachlage wegen Motiv innerhalb sehr kurzer Fristen gerichtlich angefochten werden.

In so einem Fall, wende dich bitte umgehend zur Beratung an deine Gewerkschaft GPA Landesgeschäftsstelle.

Ebenso gilt für die Inanspruchnahme der Pflegefreistellung nach § 16 UrlG ab 01.11.2023, dass die vom Ablauf von gesetzlichen, kollektivvertraglichen und vertraglichen Verjährungs- und Verfallsfristen betroffenen Ansprüche, die die Arbeitnehmer:in zu Beginn der Freistellung bereits erworben hat, bis zum Ablauf von zwei Wochen nach der Freistellung gehemmt sind. Das bedeutet, dass alle offene Ansprüche bereits vor der Pflegefreistellung, innerhalb von zwei Wochen nach Ende der Freistellung bei der Arbeitgeber:in, am besten aus Beweiszwecken schriftlich geltend zu machen sind, anderenfalls die betroffenen Ansprüche untergehen können.  

Pflegekarenz/Pflegeteilzeit (§§ 14 c/14d AVRAG)- Pflegekarenzgeld (mit Neuerung ab 1.1.2020)

Sofern das Arbeitsverhältnis ununterbrochen bereits 3 Monate gedauert hat, kann der oder die Arbeitnehmer:in schriftlich eine Pflegekarenz/Pflegeteilzeit (§ 14c u. § 14d AVRAG) gegen teilweise (=Pflegeteilzeit) oder gänzlichen Entfall des Arbeitsentgelts (=Pflegekarenz) zum Zwecke der Pflege, Betreuung eines/einer nahen Angehörigen (im Sinne des §14a AVRAG) für die Dauer von mindestens einen Monate bis maximal drei Monate vereinbaren, sofern der/die zu Betreuende Pflegegeld der Pflegestufe 3 (Bescheid!) bezieht. Es gibt nicht nur die Möglichkeit der gänzlichen Freistellung im Sinne der Pflegekarenz, sondern eben auch die Möglichkeit der Pflegeteilzeit. Die Rahmenbedingungen sind dieselben, jedoch muss die Normalarbeitszeit der ArbeitnehmerIn aufgrund der Reduktion der Arbeitszeit wegen des Pflegebedarfs zumindest 10 Stunden pro Woche betragen.

Ein gemeinsamer Haushalt mit der zu pflegenden Person ist nicht erforderlich. Während dieser Zeit besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei der Pflegekarenz, bei der Pflegeteilzeit besteht ein geringer Entgeltsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. In beiden Fällen kann jedoch das Pflegekarenzgeld/Pflegeteilzeitgeld (mindestens aber die gesetzliche Geringfügigkeitsgrenze Stand 1.1.2021 € 475,86,-) beansprucht werden. Dieses muss beim Sozialministeriumservice beantragt werden.

Bei demenziell erkrankten Patienten oder minderjährigen nahen Angehörigen ist eine Pflegekarenz/ Pflegeteilzeit bereits ab einer Pflegestufe 1 bei Antritt der Pflegekarenz/ Pflegeteilzeit zulässig. Nach Antritt der Pflegekarenz ist die Vereinbarung einer Pflegeteilzeit für dieselbe zu betreuender Person nicht mehr zulässig, dies gilt auch für den Umstieg nach Antritt der Pflegeteilzeit auf Pflegekarenz für dieselbe zu betreuender Person.

Die schriftliche Vereinbarung hat Beginn und Dauer von mindestens 1 bis höchstens 3 Monate zu enthalten und darf in der Regel nur einmal pro zu betreuenden nahen Angehörigen geschlossen werden, es sei denn, es kommt zu einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs von zumindest um eine Pflegestufe, dann ist einmalig eine neuerliche Vereinbarung zulässig.

Bei der Vereinbarung ist auf die betrieblichen Interessen und die Interessen des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin Bedacht zunehmen. (Interessenabwägung!) Der zuständige Betriebsrat ist auf Verlangen des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin den Verhandlungen beizuziehen.

Der/die Arbeitnehmer:in darf die vorzeitige Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit verlangen

  • nach Aufnahme in die stationäre Pflege oder Betreuung in Pflegeheimen
  • der nicht nur vorübergehenden Übernahme der Pflege und Betreuung durch eine andere Betreuungsperson sowie
  • wenn der nahe Angehörige verstirbt.

Die Rückkehr darf frühestens zwei Wochen nach Meldung des Eintritts der im ersten Satz genannten Gründe erfolgen.

Bei Berechnung von Abfertigung alt und Urlaubsersatzleistung ist das für den letzten Monat vor Freistellung gebührende Entgelt zu Grunde zu legen.

Zeiten von einschlägigen Freistellungen bleiben für dienstzeitabhängige Ansprüche außer Betracht, Sonderzahlungen und Urlaubsansprüche werden bei der Pflegekarenz aliquotiert. Bei der Pflegeteilzeit kommt es bei den Sonderzahlungen zu einer Mischberechnung.

Auch bei befristetem Dienstverhältnis in einem Saisonbetrieb ist die Vereinbarung einer Pflegekarenz/Pflegeteilzeit von mindestens 1 Monat bis höchstens 3 Monate zulässig, sofern das befristete DV ununterbrochen 2 Monate gedauert hat und jeweils vor dem Antritt einer Pflegekarenz eine Beschäftigung zum selben AG im Ausmaß von mindestens 3 Monaten liegt. (Innerhalb einer Rahmenfrist von 4 Jahren ab Antritt der Pflegekarenz sind kürzere Beschäftigungszeiten zum selben AG zum Erreichen des Mindesterfordernisses von 3 Monaten zusammen zu rechnen.)

Ab 1.1.2020 haben Arbeitnehmer:innen in Betrieben mit mehr als 5 Arbeitnehmer:innen, welche die Voraussetzungen für die zulässige Vereinbarung einer Pflegekarenz/Pflegeteilzeit erfüllen (siehe oben), einen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz/Pflegeteilzeit von zumindest zwei Wochen. Während dieses Zeitraumes können Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber die Verlängerung der Pflegekarenz/Pflegeteilzeit vereinbaren. Kommt innerhalb der zwei Wochen keine Vereinbarung über die Verlängerung der Pflegekarenz/Pflegeteilzeit zustande, besteht ein weiterer Anspruch auf eine Pflegekarenz im Ausmaß von weiteren zwei Wochen. Kommt es auch innerhalb dieses Zeitraumes zu keiner Vereinbarung über eine Verlängerung, endet der Rechtsanspruch und damit auch die Pflegekarenz/Pflegeteilzeit spätestens nach 4 Wochen.

Voraussetzung für die Geltendmachung des Rechtsanspruches auf Pflegekarenz/Pflegeteilzeit ist eine Mitteilung über den beabsichtigten Beginn einer Pflegekarenz/Pflegeteilzeit. Auch bei der Geltendmachung des Anspruchs ist eine Mindestbeschäftigungsdauer des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin von 3 Monaten Voraussetzung und kann nur begehrt und allenfalls vereinbart werden, wenn die Pflege und Betreuung eines nahen Angehörigen, dem Pflegestufe 3 gebührt, beabsichtigt ist. Auf Verlangen sind dem Arbeitgeber die Pflegebedürftigkeit zu bescheinigen und die Angehörigeneigenschaft glaubhaft zu machen.

Aufgrund des Rechtsanspruches verbrachte Zeiten der Pflegekarenz/Pflegeteilzeit sind auf die gesetzlich mögliche Dauer der vereinbarten Pflegekarenz/Pflegeteilzeit von maximal drei Monaten anzurechnen. Endet die Pflegekarenz/Pflegeteilzeit ohne Abschluss einer Vereinbarung über die Verlängerung, steht dies dem späteren Abschluss einer Vereinbarung über die Pflegekarenz/Pflegeteilzeit im noch offenen Ausmaß nicht entgegen.

Der oder die Dienstnehmer:in, der Pflegekarenz in Anspruch nimmt bzw vereinbart hat, hat einen besonderen Motiv-Kündigungsschutz, jedoch keinen besonderen Bestandschutz wie im Mutterschutzgesetz oder Väter-Karenz-Gesetz.

Ab 01.11.2023 hat die Arbeitgeber:in eine Ablehnung oder Aufschiebung der Pflegekarenz sachlich und schriftlich zu begründen.

Im Falle einer Kündigung im Zusammenhang mit einer Inanspruchnahme von Pflegekarenz ist über ein schriftliches Verlangen der Arbeitnehmer:in binnen 5 Kalendertagen ab Zugang der Kündigung  und binnen weiteren 5 Kalendertagen ab dem Zugang des Verlangens von der Arbeitgeber:in eine schriftliche Begründung ab zugegeben. Der Umstand, dass keine schriftliche Begründung abgegeben wurde, ändert nichts an der Rechtswirksamkeit der Kündigung. Eine Kündigung in diesem Zusammenhang kann nach Prüfung der Sachlage wegen Motiv innerhalb sehr kurzer Fristen gerichtlich angefochten werden.

In so einem Fall, wende dich bitte umgehend zur Beratung an deine Gewerkschaft GPA Landesgeschäftsstelle.

Ebenso gilt für Pflegekarenzen ab 01.11.2023, dass die vom Ablauf von gesetzlichen, kollektivvertraglichen und vertraglichen Verjährungs-und Verfallsfristen betroffenen Ansprüche, die die Arbeitnehmer:in zu Beginn der Pflegekarenz bereits erworben hat, bis zum Ablauf von zwei Wochen nach der Freistellung gehemmt sind. Das bedeutet, dass alle offene Ansprüche vor der Freistellung innerhalb von zwei Wochen nach Ende der Freistellung bei der Arbeitgeber:in, am besten schriftlich aus Beweiszwecken, geltend zu machen sind, anderenfalls der Anspruch untergeht. Diese sogenannte „Ablaufhemmung“ gilt auch für die Sterbebegleitung gemäß § 14 a AVRAG und für die Begleitung schwersterkrankter Kinder gemäß § 14 b AVRAG.

In so einem Fall, wende dich bitte umgehend zur Beratung an deine Gewerkschaft GPA Landesgeschäftsstelle.