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Stress lass nach!

Aktionswoche der Gewerkschaft GPA zum Thema Arbeitsdruck

In letzter Zeit häuften sich die Rückmeldungen von Mitgliedern und BetriebsrätInnen aus vielen Betrieben, dass der Arbeitsdruck und Stress in den letzten Monaten sehr stark zugenommen haben.

Durch das Wiederanspringen des Wirtschaftsmotors steigen aktuell die Belastungen der ArbeitnehmerInnen. Ein hoher Arbeitsaufwand verbunden mit Personalknappheit führt zu einer Zunahme des Arbeitsdrucks, der sich negativ auch auf die körperliche und psychische Gesundheit der Beschäftigten auswirkt.

Das betrifft praktisch alle Branchen der österreichischen Wirtschaft. Besonders betrachtet werden muss der Gesundheits- und Pflegebereich, wo zu den ohnehin schon schwierigen Arbeitsbedingungen die zusätzlichen Belastungen als Folge der Pandemie unabhängig von der Wirtschaftskonjunktur kommen.

Wir nahmen dies zum Anlass, eine Umfrage bei IFES in Auftrag zu geben, welche Druck und Stress am Arbeitsplatz und die daraus resultierenden Belastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer untersucht. 

Die Ergebnisse der IFES-Studie zeigen eindrucksvoll, dass ein massiver Handlungsbedarf besteht.

Wenn 80 Prozent der Meinung sind, dass der Druck auf ArbeitnehmerInnen immer größer wird und 35% sagen, dass sie dem Arbeitsdruck, dem sie derzeit ausgesetzt sind, nicht bis zur Pension standhalten können, dann müssen bei allen die Alarmglocken schrillen.

Ausschlaggebend dafür ist in sehr vielen Betrieben Personalmangel. Es ist ein bedenklicher Befund, dass die Hälfte der Befragten angibt, dass es in ihrem Unternehmen zu wenig Personal gibt, um die anstehende Arbeit gut bewältigen zu können. 

Arbeitgeber sind gefordert

Gemäß dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz gibt eine gesetzliche Verpflichtung zur regelmäßigen Evaluierung von Arbeitsplätzen zur Erreichung einer optimalen Arbeitsplatzqualität. Betriebsräte habend das Recht, diese Evaluierungsprozesse mit zu bestimmen. Wir machen häufig die Erfahrung, dass Evaluierung folgenlos bleibt. Es braucht eine tatsächliche Umsetzung von konkreten Maßnahmen. Für die verbindliche Umsetzung braucht es eine entsprechende Verordnung des Gesetzgebers. 

Da nachweislich die psychischen Belastungen zunehmen, muss die Arbeitspsychologie aufgewertet werden und Arbeitspsychologen verpflichtend eingesetzt werden.

Wir fordern, dass in Unternehmen ab 5 Personen jährlich verpflichtend Arbeitszeitbilanzen zu erstellen sind. In diesen wird die Normalarbeitszeit, die Mehr- und Überstunden, Urlaubsverbrauch und Urlaubsguthaben erfasst. Über die Ergebnisse der Bilanz ist mit dem Betriebsrat zu beraten und es sind verbindliche Maßnahmen abzuleiten. 

Pro Überstunde muss ein Euro für Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung zweckgewidmet werden. Die BGF (Betriebliche Gesundheitsförderung) muss den Qualitätskriterien des Netzwerk BGF entsprechen. Dieses Netzwerk wird von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) getragen, die dazu auch Beratung, Unterstützung und Förderungen anbietet. Zur Umsetzung der BGF Initiativen sollte eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden, die auch erzwingbar ist.

Wir beobachten, dass im Angestelltenbereich All-In-Verträge stark zunehmen, die auch erhöhten Arbeitsdruck zur Folge haben. All-In-Verträge bedeuten nicht, dass rund um die Uhr gearbeitet werden muss. Auch bei All-In Vereinbarungen dürfen nicht mehr Arbeitsstunden geleistet werden als gesetzlich erlaubt sind. All-In-Verträge sollen nur noch für Führungskräfte ab einer Entgelthöhe von 5.000 Euro brutto zum Einsatz kommen.

Einkommen und Arbeitsbedingungen werden in Österreich ganz wesentlich in Kollektivverträgen geregelt. Die in der Wirtschaftskammer und in freiwilligen Verbänden organisieren Arbeitgeber haben es in der Hand, konkrete Verbesserungen auf Branchenebene zu ermöglichen. Das betrifft z.B. Arbeitsverkürzungsmaßnahmen genauso wie höhere Löhne und Gehälter. In einer Situation, in der ich aufgrund der übermäßigen Arbeitsbelastung keine Arbeitskräfte mehr finden, müssen die Arbeitsbedingungen insgesamt attraktiver gestaltet werden und die Arbeitszeitqualität (z.B. zusammenhängende Freizeit und Pausen) verbessert werden.

Forderungen an die Politik

Der Gesetzgeber ist gefordert, Modelle der Arbeitszeitverkürzung mit Rechtsanspruch zu ermöglichen (kontinuierliche Altersteilzeit).

Wir haben dazu das Modell „90 für 80“ zur Diskussion gestellt. Dabei soll die Arbeitszeit auf 80 Prozent reduziert werden. Das Gehalt reduziert sich allerdings nur auf 90 Prozent. Die Differenz soll vier Jahre lang das AMS tragen, um den Einstieg in die Arbeitszeitverkürzung zu attraktiver zu machen. Voraussetzung ist, dass für die freiwerdende Zeit eine neue Arbeitskraft aufgenommen wird. Das Modell ist freiwillig, die betreffenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen zustimmen. Das kann jetzt helfen, in Branchen, in denen die ArbeitnehmerInnen unter besonders starkem Druck leiden, ihre Arbeitszeit zu reduzieren ohne dass die Arbeit noch mehr verdichtet wird, weil Ersatzarbeitskräfte eingestellt werde müssen. 

Wir fordern ein Anrecht auf eine Verkürzung der Arbeitszeit in den letzten fünf Jahren vor Pensionsantritt. In Form der kontinuierlichen Altersteilzeit.

Wir brauchen eine sechste Urlaubswoche für mehr ArbeitnehmerInnen. Etwa durch bessere Anrechnungsbestimmungen bei Beginn von neuen Dienstverhältnissen (Rucksackprinzip) oder eine Regelung, wie sie im Öffentlichen Dienst längst etabliert ist, nämlich der Anspruch auf eine 6. Urlaubswoche ab einem Lebensalter von z.B. 43 Jahren. 

Der Staat muss akut mehr Geld und Ressourcen für Gesundheit und Pflege und Kindergartenpädagogik zur Verfügung stellen als Basis für eine Nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Es ist ein Armutszeugnis, dass hier im Budget keine Initiative zu sehen ist, aber die Körperschaftssteuer (KöSt) um 800 Mio. EUR reduziert wird. 

Zehn Tipps, um Stress bewältigen zu können

Wir wenden uns auch an jede/n Einzelnen, weil auch auf individueller Ebene kann man etwas gegen hohen Arbeitsdruck unternehmen. Wir beschränken uns dabei aber nicht auf die üblichen Wellness- und Gesundheitstipps. 

Mit den 10 Tipps der GPA geht es insbesondere um konkrete Rechte, auf die es zu pochen gilt, etwa bei den Themen Urlaubsanspruch, Pausenregelungen und Recht auf Nicht-Erreichbarkeit.

Wir sprechen den Beschäftigten auch Mut zu, die Probleme aktiv gegenüber Vorgesetzten oder dem Betriebsrat aktiv anzusprechen.

Faktum ist, dass es in Betrieben mit Betriebsrat, die Bewältigung von Arbeitsdruck im Interesse aller besser gelingen kann.