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Bewältigung der Brexit Auswirkungen für den EBR

Seit dem 1. Januar 2021 ist das Vereinigte Königreich (UK) weder EU- Mitglied noch Teil des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Ab diesem Zeitpunkt regelt ein neues Handels- und Partnerschaftsabkommen Beziehung sowie wirtschaftliche und soziale Partnerschaft zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU. Die europäischen Branchengewerkschaften haben auf Grundlage dieses Abkommens gemeinsame Empfehlungen ausgearbeitet, die Europäischen Betriebsräten (EBR) ihre Gestaltungsmöglichkeiten bei der Bewältigung der Auswirkungen des Brexit aufzeigen.

Nichtrücktrittsklausel schützt grundlegende Rechte der Beschäftigten

Was die grundlegenden Rechte der Beschäftigten am Arbeitsplatz, das Recht auf Unterrichtung und Anhörung auf Unternehmensebene sowie die Rechte im Falle einer Umstrukturierung, betrifft, so ist in dem neuen Handels- und Partnerschaftsabkommen eine „Nichtrückschrittsklausel“ verankert. Dadurch wird sichergestellt, dass der Brexit nicht dazu führen kann, dass die Rechte der ArbeitnehmerInnen im Vergleich zur bisherigen Übergangsphase beschnitten oder geschwächt werden.

Darüber hinaus hat UK 2018 Vorschriften erlassen, nach denen direktes EU-Recht (EU-Verordnungen und -Beschlüsse) sowie britische Gesetze, durch die EU-Richtlinien umgesetzt wurden (wie die Richtlinie über Europäische Betriebsräte), am Tag des Brexit automatisch in das nationale Recht des Vereinigten Königreichs überführt werden. Dadurch werden die Rechte von UK-BeschäftigtenvertreterInnen gewahrt.

Mitwirkung britischer KollegInnen in EBR-Vereinbarung festschreiben

Um bestmöglich sicherzustellen, dass britische Beschäftigte auch weiterhin im EBR vertreten sind, soll die jeweilige EBR-Vereinbarung darauf überprüft werden, ob sie diesbezüglich angepasst werden muss. Ist eine Anpassung erforderlich, so ist es wichtig, den Umfang dieser durch eine Abänderung der EBR-Vereinbarung festzulegen (dies kann auch in einem Anhang erfolgen). Durch eine solche Bestimmung sollte gewährleistet werden, dass der EBR für grenzüberschreitende Angelegenheiten, die UK betreffen, zuständig bleibt. Einige Vereinbarungen enthalten bereits Bestimmungen über die Vertretung von Ländern, die nicht Teil des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) sind und deren VertreterInnen dieselben Rechte, Privilegien und denselben Schutz genießen wie die anderen Mitglieder im EBR. In diesem Fall ist eine Anpassung möglicherweise nicht erforderlich.

Nationales EBR-Recht des neuen Headquarter-Sitzes kommt zur Anwendung

Gemäß den Leitlinien der EU-Kommission werden ab 1. Januar 2021 diejenigen EBRs, deren zentrale Leitung sich bisher im Vereinigten Königreich befand, in einen anderen Mitgliedstaat der EU verlegt. Für den Fall, dass die zentrale Leitung den neuen EU-Mitgliedstaat, in dem ihre Vertretung ansässig sein wird, nicht benannt hat, wird die Rolle gemäß den Leitlinien der Europäischen Kommission von dem Mitgliedstaat mit der größten Anzahl von Beschäftigten übernommen. Sofern in der EBR-Vereinbarung nichts Anderes festgelegt ist, gilt das Recht des EU-Mitgliedstaates, in dem die zentrale Leitung ihren Sitz hat.

EBR soll wiederkehrend über Brexit-Auswirkungen unterrichtet und angehört werden

Die Sicherung der Arbeitsplätze aller europäischen Beschäftigten in einem Unternehmen wird von entscheidender Bedeutung sein, da multinationale Konzerne angesichts möglicher Auswirkungen des Brexit auf Produktionsnetzwerke, Lieferketten und den Handel mit der EU ihre Strategie überdenken könnten. Es wird daher empfohlen, das Thema Brexit als immer wiederkehrenden Punkt auf die Tagesordnung von EBR-Sitzungen zu nehmen. Die Geschäftsführung sollte in diesem Zusammenhang frühzeitig eine Unterrichtung und Anhörung rund um die Brexit-Auswirkungen ermöglichen.

Im Vordergrund stehen dabei Prognosen und mögliche Auswirkungen des Brexit auf die Finanz- und Wirtschaftslage, die Entwicklung von Produktion und Umsatz entlang gesamter Lieferketten, die Beschäftigungsentwicklung in allen Ländern – insbesondere im Vereinigten Königreich - sowie Investitionspläne, Veräußerungen, Verkleinerungen oder Schließungen einzelner Standorte. Es ist unerlässlich, außerdem eine Unterrichtung und Anhörung zu geplanten Gegenmaßnahmen zu verlangen.

Wegfall der UK-Beschäftigten könnte EBR-Existenz gefährden

In einigen Fällen könnte infolge des EU-Austrittes des Vereinigten Königreiches der Fortbestand des EBR gefährdet sein. Wenn die britischen Beschäftigten nicht mehr eingerechnet werden, könnten einige multinationale Unternehmen die Kennzahlen für einen EBR unterschreiten. Über die konkreten Folgen eines solchen Sachverhaltes herrscht bisher Ungewissheit.

Um möglichen Problemen vorzubeugen, wird daher jedem EBR empfohlen, die Verteilung der MitarbeiterInnen pro Land zu überprüfen, um eine Einschätzung des Risikos bei einem Wegfall der Beschäftigten aus UK vornehmen zu können. Sollte der EBR durch den Wegfall der britischen KollegInnen tatsächlich unter die nötige Kennzahl fallen, sollte jedenfalls mit den entsprechenden nationalen und europäischen Gewerkschaftsverbänden Kontakt aufgenommen werden.