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Demokratie am Arbeitsplatz

Der rasante Wandel der Arbeitswelt birgt Risiken, aber auch Chancen für die Mitbestimmung. Die Beteiligung der Beschäftigten und der soziale Dialog müssen grenzübergreifend ausgebaut und gestärkt werden, um diese Chancen nützen zu können. Auf Ersuchen der mit 1. Juli 2023 beginnenden spanischen EU-Ratspräsidentschaft hat sich der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) in einer Stellungnahme unter dem Titel „Demokratie am Arbeitsplatz“ zur Zukunft der Mitbestimmung positioniert. Folgende Themen wurden vordergründig behandelt:

Europäisches Regelwerk zur Mitbestimmung in Aufsichtsräten

Der EWSA unterstützt in seiner Stellungnahme den vom EU-Parlament angenommenen Bericht zu mehr Demokratie am Arbeitsplatz und die darin aufgestellten Forderungen. In dem Papier wird daher die Wichtigkeit eines europäischen Rechtsrahmens für die Mitbestimmung in Leitungsorganen unterstrichen. Dabei ist entscheidend, dass diese Regelung bestehende nationale Mitwirkungsrechte absichert und dessen Umgehung oder Aushöhlung verhindert.

Volle Unterstützung für Initiative zur Überarbeitung der EBR-Richtlinie

Europäische Betriebsräte (EBR) leisten seit Jahrzehnten einen positiven Beitrag zu den langfristigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Zielen von Unternehmen. Um ihr Potenzial und ihre Wirksamkeit zu erhöhen, müssen ihre Mitbestimmungsrechte und ihre Ressourcenausstattung erheblich verbessert werden. Unter anderem muss die Umgehung von oder Verstöße gegen EBR-Mitwirkungsrechte wirksam sanktioniert und der Zugang zur Justiz erleichtert werden. In diesem Zusammenhang begrüßt der EWSA den Initiativbericht des EU-Parlaments zur Überarbeitung der EBR-Richtlinie und fordert die Kommission auf, zeitnah rechtliche Maßnahmen zu ergreifen.

Verantwortungsvolle Unternehmensführung rechtlich verankern

Die Einhaltung von Menschen- und Arbeitnehmer:innenrechten sowie ökologische Ziele entlang der Lieferkette sind wichtige Elemente einer nachhaltigen Unternehmensführung. „Gute Arbeit“ weltweit zu schaffen, muss ein anerkanntes Ziel für Unternehmensentscheidungen werden. Der EWSA tritt deshalb dafür ein, im europäischen Rechtsrahmen das Erfordernis der nachhaltigen Unternehmensführung („sustainable corporate governance“) zu definieren.

Richtlinie zur Plattformwirtschaft stößt auf breite Zustimmung

Technologische Innovationen haben zu neuen Geschäftsmodellen in der Plattformwirtschaft geführt, die häufig mit prekärer Beschäftigung einhergehen. Ein Zugang zu kollektiver Interessensvertretung besteht meist nicht oder wird zu selten genutzt. Der EWSA hält den aktuellen Vorschlag für eine Richtlinie zur Plattformarbeit, der darauf abzielt, Scheinselbständigkeit zu verhindern, für sinnvoll. Dadurch würde die Beweislast von den Beschäftigten auf die Plattformen verschoben und den Plattformarbeiter:innen würde der Zugang zu arbeits- und sozialrechtlichem Schutz, einschließlich Vertretungsrechten und eines leichteren Zugangs zur Justiz ermöglicht.

Sozialpartner sollen in alle Phasen der Einführung und Nutzung von KI einbezogen werden

Die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) fordert die demokratischen Standards in der Arbeitswelt in nicht gekannter Weise heraus. Algorithmisches Datenmanagement hat enorme Auswirkungen auf Arbeitsorganisation, Arbeitsbedingungen und die Datensicherheit. Die Sozialpartner sollen daher laut Stellungnahme in alle Phasen der Einführung und Nutzung von KI einbezogen werden. Der EWSA will auch sicherstellen, dass Gewerkschaften einen angemessenen digitalen Zugang zu Betrieben und ihren Beschäftigten erhalten, um einen wirksamen sozialen Dialog im Bereich des Einsatzes von KI am Arbeitsplatz zu fördern und zu etablieren.

Wir brauchen verbindliche und durchsetzbare Mitbestimmungsrechte

Sophia Reisecker, Leiterin der Abteilung Europa, Konzerne & Internationale Beziehungen vertritt die Interessen der GPA-Mitglieder im EWSA und hat sich bei der allgemeinen Debatte zu dieser Stellungnahme wie folgt zu Wort gemeldet:

„In vielen Fällen sind die Beschäftigten und ihre Vertreter:innen in der ersten Reihe, wenn es um zukunftsorientierte Unternehmensstrategien und Innovationen geht, und nicht die Vorstandsmitglieder oder Investor:innen: denn es geht um ihre Arbeitsplätze, ihre Umwelt und um ihre Zukunft. Wir müssen daher auf die Stimme der Arbeitnehmer:innen hören, wenn wir den digitalen und ökologischen Wandel bewältigen wollen. Die Vergangenheit hat uns gezeigt, dass dies nicht auf freiwilliger Basis oder ganz automatisch geschehen wird. Wir brauchen daher verbindliche und durchsetzbare Mitbestimmungsrechte für die Beschäftigten, die den aktuellen Herausforderungen der Arbeitswelt gerecht werden!“

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Hier geht's zur EWSA Stellungnahme zu Demokratie am Arbeitsplatz auf Deutsch