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Europäisches Lieferkettengesetz: EU-Parlament für stärkere Einbindung der Gewerkschaften

Gewerkschaften, Arbeiterkammern und zahlreiche NGOs fordern schon seit Jahren verbindliche Regeln für mehr Unternehmensverantwortung entlang globaler Lieferketten. Die EU-Kommission legte im Februar 2022 einen Entwurf für ein solches Lieferkettengesetz vor. Der Rat der EU hat seine Position zum Gesetzesvorschlag Ende 2022 festgelegt. Das EU-Parlament hat am 1. Juni 2023 über seine Verhandlungsposition zum EU-Lieferkettengesetz abgestimmt. Nun beginnen die Verhandlungen zwischen den drei Institutionen.

Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen entlang globaler Lieferketten

In unserer globalisierten Wirtschaftswelt arbeiten Menschen in verschiedenen Teilen der Erde an einem Produkt - von der Planung bis zum Verkauf im Einzelhandel. Die Produktionsstätten innerhalb dieser weltweiten Lieferketten befinden sich allzu oft im Globalen Süden. Immer wieder werden dort die Rechte Arbeitender verletzt, wie das Recht auf einen angemessenen Lohn, sichere Arbeitsbedingungen sowie das Recht, eine Gewerkschaft zu gründen, Kollektivvertragsverhandlungen zu führen oder zu streiken.

Aber auch in Europa werden bspw. Ernte- und Bauarbeiter:innen regelmäßig ausgebeutet. Konzerne nehmen häufig die Ausbeutung von Menschen und die Zerstörung der Umwelt in Kauf, um ihre Profitraten zu steigern.

Gesetzesvorschlag: Was soll künftig kontrolliert werden und für welche Unternehmen soll das Lieferkettengesetz gelten?

Betroffene Unternehmen sollen der Gesetzesinitiative zufolge künftig verpflichtet werden zu ermitteln, ob in der Lieferkette ihrer Produkte Menschenrechte verletzt oder die Umwelt geschädigt werden. Ist dies der Fall, sollen “negative Auswirkungen“ ihrer Tätigkeit vermindert, abgestellt oder verhindert werden. Haben sie negative Auswirkungen auf Menschen und Umwelt in ihrer Lieferkette nicht abgestellt oder minimiert, sollen sie zivilrechtlich belangt werden können.

Der Kommissionsvorschlag als auch die Ratsposition nehmen EU-Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten bzw. ab 150 Mio. Euro Jahresumsatz (auch für Nicht-EU-Unternehmen) in die Verantwortung. Das Parlament hat sich hingegen bei EU-Unternehmen auf eine Hürde schon ab 250 Beschäftigten und 40 Mio. Euro Jahresumsatz festgelegt; Nicht-EU-Unternehmen ebenfalls ab 150 Mio. Euro Jahresumsatz weltweit (davon mehr als 40 Mio. Euro in der EU).

EU-Parlament: Einbeziehung von Gewerkschaften und Arbeitnehmer:innenvertretern verankert

Die nun vom EU-Parlament beschlossene Position legt fest, dass Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht in alle relevanten Bereiche ihrer Unternehmenspolitik einbeziehen und eine Strategie zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht vorweisen müssen. Diese soll in Absprache mit Gewerkschafts- und Arbeitnehmer:innenvertretern erarbeitet werden.

Damit geht das EU-Parlament mit einer wichtigen Forderung den nächsten Schritt am Weg zur Gesetzeswerdung in die sogenannten Trilog-Verhandlungen. Die Position sieht nämlich auch vor, dass Gewerkschaften und NGOs im Namen von Opfern bei Verletzungen des Lieferkettengesetzes klagen können. Das garantiert, dass Kläger:innen unabhängig vom geltenden Recht in ihrem Heimatland die Rechte und Pflichten einer klagenden Partei in dem Verfahren haben werden.

ÖGB-Präsident Katzian zeigt sich mit Positionierung des EU-Parlaments zufrieden

„Damit wurden wichtige ÖGB-Forderungen in der Position des EU-Parlaments umgesetzt“, erklärt Katzian. „Das ist ein gutes Signal im Kampf für ein faires Lieferkettengesetz. Jetzt geht es darum, weitere Verwässerungsversuche der Wirtschaftslobbyisten zu bekämpfen, damit am Ende des Tages ein Lieferkettengesetz gilt, das Klima, Umwelt und Arbeitsrechte schützt. Wir sind dabei!"