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Nein zum Abbau höherer Sozial- und Konsumentenrechte als in EU-Mindeststandards festgelegt

Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) kritisiert die Pläne, das sogenannte “Gold-Plating” zu verbieten.

Zur Senkung der Kosten für die Wirtschaft strengt die österreichische Bundesregierung eine radikale “Durchforstung” der gesamten Gesetzgebung des Landes an und will dafür auch die laufende EU Ratspräsidentschaft nutzen.Begründet wird das mit der Behauptung, wonach Unternehmen in Österreich unter ambitionierteren Umsetzungen europäischer Vorgaben leiden. Alle Gesetze und Verordnungen, die auf EU-Recht zurückgehen und Bestimmungen enthalten, die über EU-Mindestniveau liegen, sollen auf eben diese EU-Mindeststandards zurückgeschraubt werden. Dafür wird der polemische Begriff „Gold Plating“(auf Deutsch: Vergoldung) strapaziert und eine Rücknahme von höheren österreichischen Regelungen gefordert.

Schutzstandards im Arbeits- und Sozialrecht betroffen

Nicht nur in Österreich formiert sich Protest - etwa bei den Gewerkschaften - wurde doch bekannt, dass von dieser angestrengten „Durchforstung“ selbstverständliche und über Jahrzehnte entwickelte Schutzstandards in Bereichen des Arbeits- und Sozialrechts, wie auch beim Konsumenten- und Umweltschutz, betroffen sein sollen. Auch auf europäischer Ebene herrscht bis auf einige radikal-liberale Kreise Verwunderung über diesen Vorstoß der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft.

So wurde kürzlich auch im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) eine von Österreichs Regierung in Auftrag gegebene Stellungnahme (Ko-Berichterstatter: Wolfgang GREIF) verabschiedet, die sich durchwegs kritisch mit diesen Plänen auseinandersetzt.Diese EWSA Stellungnahme enthält wichtige Punkte, die die Position in Richtung Rückzug von der EU-Sozialpolitik kritisieren und den Abbau von Standards deutlich ablehnen.

Folgende Kritik kommt dazu vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss:

  • Der EU-Gesetzgeber hat bei der Festschreibung von EU-Mindeststandards bewusst Spielraum für eine nationale Umsetzung auf höherem Niveau gelassen. Diese im EU-Vertrag vorgesehen Autonomie der EU-Mitgliedsstaaten, ambitioniertere Schutzniveaus vorzusehen, darf nicht in Frage gestellt werden.
  • Strengere Maßnahmen der Mitgliedstaaten sind somit normal und üblich. Es würde vielmehr dem Wortlaut und Geist des EU-Vertrages widersprechen, wenn diese EU-rechtlich legitimierte Übererfüllung polemisch als “Vergoldung” dargestellt und darauf aufbauend eine Rückführung nationaler Gesetze auf EU-Mindestniveau angestrebt werden würde.
  • EU-Mitgliedstaaten müssen weiterhin auf nationaler Ebene höhere Sozial-, Umwelt- und Konsumentenschutzstandards festlegen dürfen, ohne dass dies als ungerechtfertigte Über-regulierung („Gold-Plating“) angesehen wird.
  • Würden “Mindeststandards” in EU-Richtlinien generell als „Maximalniveau“ gelten, die bei der Umsetzung in die nationale Rechtsordnung nicht überschritten werden dürfen, würde das notwendigerweise generell zu einem breiten Absinken von Schutzniveaus führen, nicht nur im Umwelt- und Verbraucherschutz sondern auch im Sozial- und Arbeitsrecht.
  • Damit würde wohl auch der wachsenden EU-Skepsis in breiten Teilen der Bevölkerung weitere Nahrung gegeben werden. Die EU kann sich gegenüber ihren Bürgern nicht durch „Nichthandeln“ legitimieren, sondern muss dies vielmehr durch mutiges Handeln erreichen, wozu auch eine Stärkung hoher Standards in bürgernahen Bereichen, wie dem Verbraucher- und Umweltschutz sowie in der Beschäftigung, gehören.

Bundesregierung, WKÖ und IV wollen Deregulierungs-Agenda durchdrücken

Der Versuch der Bundesregierung und der WKÖ/IV europäischen Rückenwind für ihre „Deregulierungs-Agenda"zu organisieren, ist zumindest hier ziemlich gescheitert. Ein wichtiger Beitrag dahingehend, dass hohe Standards nicht unter dem Vorwand vermeintlicher „Überregulierung“ und unter dem Kampfbegriff des „Goldplating“ den Interessen der Wirtschaft geopfert werden.Hohe Standards gilt es zu schützen, nicht in Frage zu stellen.