Ein schlechter (EU-USA-) Deal für Beschäftigte
Unter dem Druck angedrohter Strafzölle vereinbarte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Ende Juli 2025 mit US-Präsident Donald Trump ein Handelsabkommen. Statt europäische Arbeitsplätze zu schützen, droht der Deal Investitionen abzuziehen und Standards zu senken – auch US-Arbeitnehmer:innen gehen leer aus.
Mit dem am 27. Juli präsentierten Deal sollte die Drohung von 30% Zoll auf alle EU-Importe in die USA aus der Welt geschafft werden. Dass es sich dabei um keinen Bluff handelte, zeigten die von Donald Trump bereits zuvor eingeführten Zölle von bis zu 50% auf Stahl und Aluminium und 25% auf Autos. Die vermeintliche Schadensbegrenzung offenbart sich als problematischer Kuhhandel auf Kosten der Beschäftigten.
Ein Deal ohne Klarheit und ohne Augenhöhe
Dass die Vereinbarung nicht auf Augenhöhe getroffen wurde, zeigt das Ergebnis: Die USA begrenzen ihre Zölle auf die meisten EU-Waren auf 15%. Einige strategische Güter wie Flugzeugteile und Halbleiter-Equipment sollen zollfrei bleiben. Im Gegenzug muss die EU ihre bereits niedrigen Zölle auf US-Industriegüter weiter reduzieren. Zusätzlich verpflichtet sich die EU zu massiven Zugeständnissen: 750 Milliarden Dollar für US-Energiekäufe und 600 Milliarden Dollar zusätzliche Investitionen in die US-Wirtschaft bis 2028.
Trotz Einigung werden die durchschnittlichen US-Zölle auf EU-Exporte von 13,5% auf 16% steigen. Die EU geht massive finanzielle Verpflichtungen von insgesamt 1,35 Billionen Dollar ein, denen nur etwa fünf Milliarden Euro Einsparungen gegenüberstehen. Der bisherige EU-Handelsüberschuss von 50 Milliarden Euro wird dadurch zu einem Defizit.
Investitionsabfluss und Regulierungsabbau auf Kosten europäischer Arbeitsplätze
Der massive Abfluss von europäischen Investitionsgeldern ist besorgniserregend. Die 600 Milliarden Dollar, die in den USA investiert werden sollen, fehlen für Innovation und Wachstum in Europa. Dies steht in direktem Widerspruch zu den Empfehlungen der Letta- und Draghi-Berichte, die eine Stärkung europäischer Investitionen fordern. Für Beschäftigte in Europa bedeutet das: Ohne entsprechende Investitionsanreize in der EU wird dieser Kapitalabfluss auf Kosten europäischer Arbeitsplätze gehen.
Hinzu kommt die Gefahr eines Regulierungsabbaus: Die USA drängen auf Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse, was europäische Arbeits- und Umweltstandards bedroht.
Extreme Asymmetrie: Beispiel Automobilindustrie
Der Deal ist extrem asymmetrisch: Die EU macht konkrete Zusagen, erhält aber keine vergleichbaren Garantien von US-Seite. Während die europäische Wirtschaft weiter unter Druck steht, profitiert die US-Wirtschaft ohne Gegenleistung. Das müsste aber nicht so sein, denn 20% der in die USA eingeführten Waren stammen aus Europa, womit die US-Industrie von Europa abhängiger ist als umgekehrt.
Für die Automobilindustrie, die 31% der EU-Einfuhren in die USA ausmacht, bleibt die Belastung erheblich. Der Zollsatz von 15% liegt weiterhin weit über den 2,5% vor Trump II. Durch Verlagerung von Produktion in die USA könnten in Europa bis zu 70.000 Arbeitsplätze verloren gehen.
Profitieren wenigstens die US-Arbeitnehmer:innen?
Bei aller Kritik stellt sich die Frage, ob die US-Regierung wenigstens Beschäftigten in den USA nützt. Die Antwort auf diese Frage lautet klar: Nein. Die hohen Zölle sind Preistreiber und belasten Haushalte zusätzlich durch die steigende Inflation. Importzölle führen zwar unter Umständen zu gestiegenen Unternehmenseinnahmen, ohne starke Gewerkschaften fließen die Profite jedoch ausschließlich an Konzernspitzen und Aktionär:innen.
Die Haltung der Trump-Administration gegenüber Gewerkschafter:innen und Arbeitnehmer:innenrechten ist bekannt: Trump macht das National Labour Relations Board (Nationale Arbeitsbehörde, NLRB) handlungsunfähig, indem er es finanziell aushungert und „lästige“ Entscheidungsträger:innen entlässt und erschwert Betriebsratsgründungen massiv durch „union busting“.
Wirtschaftspolitik als Spielball in neuer Geopolitik?
Eine mögliche Interpretation ist, dass die EU wirtschaftlich nachteilige Zugeständnisse gemacht hat, um von Trump Zusagen in der Sicherheits- und Ukrainepolitik zu bekommen. Die USA haben sich in den letzten Monaten am geopolitischen Feld völlig neu positioniert. Auch wenn sich seitdem einige Verbesserungen gezeigt haben, ist es hochbrisant, Wirtschafts- mit Sicherheitspolitik zu verknüpfen. Arbeitnehmer:innen dürfen nicht den Preis für die neue geopolitische Realität zahlen.
Fazit
Dieser Deal zeigt: Ohne starke Gewerkschaften und verbindliche Arbeitnehmer:innenrechte werden die Gewinne durch Handelspolitik einseitig an Konzerne verteilt – auf beiden Seiten des Atlantiks. Die europäischen Gewerkschaften fordern daher: Künftige Handelsabkommen müssen Investitionen in europäische Arbeitsplätze fördern und soziale und ökologische Standards schützen. Nur so können Beschäftigte von internationalen Handelsbeziehungen profitieren – immerhin machen sie sie überhaupt erst möglich.