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16 Tage gegen Gewalt: Warum brauchen wir sie?

Am Samstag, 25. November beginnen die sogenannten „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“: In diesem Zeitraum wird das weltweite Gewaltproblem gegen Frauen thematisiert. Das Ziel ist, aufzuklären, zu sensibilisieren und ein für alle Mal einen Umbruch einzuleiten: für ein gemeinschaftliches, gewaltfreies Leben.

Luiza Puiu

In der Europäischen Union leben 448 Millionen Menschen, etwas mehr als die Hälfte davon sind weiblich. Durchschnittlich haben 30% dieser Frauen Gewalt erlebt. Die Zahlen zeigen uns ein klares Bild: Die Tragweite von Gewalt an Frauen ist unfassbar groß, egal in welchen Gesellschaftsgruppen. Das wollen wir nicht weiter so hinnehmen. Zurzeit verhandeln wir im Europäischen Parlament ein wichtiges Gesetz gegen Gewalt. Damit sollen Vergewaltigung, weibliche Genitalverstümmelung und auch Onlinegewalt in der gesamten EU unter Strafe gestellt werden. Unter Online-Gewalt versteht man Online-Stalking, Online-Mobbing, die nicht-einvernehmliche Weitergabe von intimen oder manipulierten Bildern und Videos und den Aufruf zu Hass und Gewalt online. Mit diesem Gesetz wollen wir unsere Nulltoleranz gegenüber Gewalt rechtlich verankern.

Ein gewaltfreies Leben ist nämlich das Fundament, auf dem alle anderen Rechte aufbauen. Wie kann man bspw. weitere Rechte - wie das Recht auf Meinungsfreiheit - wahrnehmen, wenn man sich nicht einmal sicher fühlt? Die effektive Prävention der Gewalt hat oberste Priorität und die Internationalen Tage gegen Gewalt an Frauen sind ein Anstoß dazu.

Kein „Frauenproblem“ - ein gesellschaftliches Problem

Gewalt an Frauen ist ein tiefverwurzeltes Problem in unserer Gesellschaft. Es hat seinen Ursprung, wie Vieles, im Patriarchat. Eine wichtige Maßnahme ist deshalb aufzuklären, sichtbar zu machen und damit ein für alle Mal zu verhindern. Männer sind - statistisch gesehen - meist die Täter von Gewaltverbrechen. In unserer Gesellschaft haben wir viele Verhaltensweisen normalisiert und das Problem damit relativiert. Nach der Arbeit in der Dämmerung nicht mehr Joggen im Park zu gehen, obwohl man gerne möchte, oder so tun, als würde man jemanden anrufen, wenn man bei einer Männergruppe vorbeigeht, um nicht angesprochen zu werden, ist für viele der Alltag. Aber akzeptieren dürfen wir das nicht.

Des Weiteren wissen wir: Gewalt passiert meist nicht auf der Straße, sondern zuhause. Der gefährlichste Ort für Frauen sind oft die eigenen vier Wände, sagen uns die Statistiken. Die Täter sind meist Partner oder Expartner. Für die Gewaltprävention ist es wichtig, diese Daten zu kennen. Es ist essentiell einzugreifen, bevor Gewalt überhaupt passiert und sie somit zu verhindern. Denn Männer sind mehr als nur Täter, sie sind Verbündete für ein gewaltfreies Leben. Männer sind Freunde. Männer sind Partner. Männer sind Teil der Lösung für unser gesellschaftliches Gewaltproblem. Nur zusammen können wir das Problem an der Wurzel packen und Gewalt ein für alle Mal verhindern.

In diesem Zusammenhang sind Erziehung und Bildung unheimlich wichtig. Wir müssen unsere Kleinsten lehren, dass man mit jeder Person respektvoll umgeht. Dass jede Person, Wertschätzung verdient und gleich viel wert ist. Dass jede - respektvolle - Meinung zählt und wichtig ist. So können wir die Grundlage legen, dass die nächste Generation eine gewaltfreie ist.  

Eine sichere Zukunft

Teilweise scheint es, als wäre der Kampf gegen Gewalt an Frauen ein unüberbrückbares und aussichtloses Unterfangen. Gerade deswegen ist es so wichtig, darüber zu reden, damit man diese Gewalt nicht als gegebenen Teil unseres Zusammenlebens akzeptiert. Allein in dieser Legislaturperiode haben wir viel weitergebracht. Maßnahmen, die unsere Gesellschaft zu einer gerechteren machen: Von der Lohntransparenz über die Frauenquote in Aufsichtsräten, der eigene Anspruch für Väter in Karenz zu gehen - der durch ein EU-Gesetz nun auch endlich in Österreich eingeführt wurde - bis zum Gewaltschutz-Gesetz, das wir gerade noch im EU-Parlament verhandeln. All das sind kleine, große Puzzlesteine, die Schritt für Schritt zu einer gleichgestellten Gesellschaft führen. Und dahin wollen wir: zu einer völlig gleichgestellten Gesellschaft - das ist nämlich eine Gesellschaft ohne Gewalt.

Bis dahin ist jeder Tag, 365 Tage im Jahr, für mich der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Der Tag für ein gemeinschaftliches Zusammenleben auf Augenhöhe, mit Respekt, ohne Gewalt.