Europäische Mentale Gesundheitswoche: Gemeinsam der Einsamkeit entgegentreten
Es ist mir ein persönliches und politisches Anliegen, die Bedeutung der psychischen Gesundheit stärker in den Mittelpunkt unserer gesellschaftlichen und arbeitsweltlichen Diskussionen zu rücken.

Die im Mai bereits zum sechsten Mal stattfindende Europäische Mentale Gesundheitswoche bietet eine gute Gelegenheit, nicht nur über mentale Gesundheit zu sprechen, sondern auch die gesamtgesellschaftlichen Hintergründe hervorzuheben. Daher liegt der Fokus auf den Zusammenhängen zwischen psychischer Gesundheit und sozialen Rechten. Aus meiner Sicht gilt es auch konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung der Einsamkeit vorzustellen – einem weit verbreiteten, aber oft verkannten Phänomen in unserer modernen, individualisierten Gesellschaft.
Einsamkeit betrifft uns alle – ob am Arbeitsplatz, in den Städten oder in digitalen Netzwerken. Insbesondere in strukturell veränderten Arbeitsumfeldern, in denen Flexibilität und Mobilität gefordert sind, können soziale Bindungen und persönliche Nähe in den Hintergrund rücken. Diese Entwicklung hat weitreichende Konsequenzen: Das Gefühl der Isolation kann nicht nur das individuelle Wohlbefinden beeinträchtigen, sondern auch kollektiv zu einem Verlust des sozialen Zusammenhalts führen und nach neuesten EU-Forschungen demokratieschwächend wirken. Unsere Gewerkschaften standen immer an vorderster Front, wenn es darum ging, die Interessen der Beschäftigten zu schützen, und sie bilden Gemeinschaft. Daher spielen Gewerkschaften und Betriebsrät:innen auch hier eine entscheidende Rolle als Brückenbauer:innen.
Im Europäischen Parlament setze ich mich seit Jahren dafür ein, dass psychische Gesundheit den gleichen Stellenwert erhält wie körperliche Gesundheit. Dabei ist es essenziell, nicht nur über Symptome zu sprechen, sondern auch strukturelle Lösungsansätze zu entwickeln. Dazu zählt der Ausbau von Netzwerken, die Stärkung von kommunalen Initiativen und die Förderung von Programmen, die Menschen wieder näher zueinander bringen. Durch gezielte Maßnahmen – etwa den Ausbau von Nachbarschafts- und Freizeitangeboten sowie Initiativen, die den sozialen Dialog fördern – können wir präventiv wirken und ein System schaffen, in dem Einsamkeit den Platz im Schatten der Gemeinschaft verlässt. Daher habe ich das erste Europäische Pilotprojekt initiiert. Die Schlussfolgerungen daraus sind in einem Buch erfasst und in weiterer Folge wurde das EU-Projekt „LonelyEU“ gestartet.
Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, erfordern ein gemeinsames Handeln – auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene. Mit vereinten Kräften können wir eine Arbeitswelt und Gesellschaft gestalten, in der niemand das Gefühl hat, allein gelassen zu werden. Die Europäische Mentale Gesundheitswoche ist nicht nur ein Ereignis im Kalender: Sie ist ein Aufruf, über den Tellerrand hinauszuschauen und den Wert zwischenmenschlicher Beziehungen zu bekräftigen. Gemeinsam können wir den Weg zu einem gesunden, inklusiven und solidarischen Europa ebnen.