EWSA fordert stärkere Säule Sozialer Rechte für alle Europäer:innen
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss legt konkrete Vorschläge für eine gerechtere EU-Sozialpolitik vor.
Bisheriger Aktionsplan: einiges erledigt, viel zu tun
Während der erste Aktionsplan (2021-2025) bereits Fortschritte bei Beschäftigung und sozialer Inklusion gebracht hat, bleibt noch vieles zu tun.
„Zu viele Beschäftigte in ganz Europa stecken weiterhin in prekären, schlecht bezahlten Jobs fest, während die Sozialsysteme überlastet oder unterfinanziert sind“, so die Präsidentin der Arbeitnehmer:innengruppe im EWSA, Lucie Studničná.
Europa darf seine soziale Dimension nicht an den Rand drängen. Darum braucht es jetzt klare gesetzliche Maßnahmen auf EU-Ebene.
Berichterstatterin Reisecker (GPA): Brauchen ambitionierte EU-weite Standards
Als Berichterstatterin dieser Stellungnahme hat Sophia Reisecker, Leiterin der GPA Abteilung Europa, Konzerne & Internationale Beziehungen, die inhaltliche Ausrichtung entscheidend geprägt. Der komplexe Abstimmungsprozess mit Arbeitgeber:innen und zivilgesellschaftlichen Vertreter:innen lag ebenso in ihrer Verantwortung. Um fundierte Empfehlungen entwickeln zu können, wurden zwei Fact-Finding-Missionen nach Slowenien und Finnland durchgeführt.
Diese Arbeit zeigt: Die GPA ist nicht nur in Österreich eine starke Stimme für Arbeitnehmer:innen, sondern gestaltet auch die europäische Sozialpolitik aktiv mit.
Gute Jobs, leistbares Wohnen und faire öffentliche Auftragsvergabe
Während immer mehr über Verteidigungsausgaben und Wettbewerbsfähigkeit gesprochen wird, warnt der EWSA davor, soziale Ziele nicht unter den Tisch fallen zu lassen. Die Europäische Säule Sozialer Rechte soll den EU-Institutionen als Leitfaden dafür dienen, den Menschen an die erste Stelle zu setzen.
Die Stellungnahme legt konkrete Vorschläge für den nächsten Aktionsplan auf den Tisch:
- Im Aktionsplan soll ein zusätzliches Ziel für hochwertige Arbeitsplätze festgelegt werden
- Unternehmen sollen mehr Verantwortung für das lebenslange Lernen ihrer Mitarbeiter:innen übernehmen, denn sie profitieren davon, wenn ihre Beschäftigten neue Fähigkeiten entwickeln
- Die EU-Richtlinien zu Arbeitsschutz und Gesundheit müssen endlich auch psychosoziale Risiken und Hitze am Arbeitsplatz berücksichtigen
- Ohne leistbare Wohnungen können Menschen nicht würdig leben. Der Aktionsplan braucht unbedingt das Ziel leistbares Wohnen
- Bei der öffentlichen Auftragsvergabe soll gelten: Nur wer Kollektivverträge respektiert, bekommt Steuergelder
Stärkere Governance und „goldene Regel“ für Sozialausgaben
Die schönsten Pläne nützen nichts ohne wirksame Umsetzung. Deshalb fordert der EWSA eine bessere Integration der Säule Sozialer Rechte in das Europäische Semester. Außerdem braucht es mehr finanziellen Spielraum für soziale Investitionen der Nationalstaaten. Eine „goldene Regel" für Sozialausgaben in der EU-Fiskalpolitik könnte hier helfen.
Außerdem betont der EWSA: Für Arbeitnehmer:innen ist besonders wichtig, dass die Sozialpartner von Anfang an eingebunden werden, nicht erst wenn die Entscheidungen bereits gefallen sind.
Starke EU-Standards schützen österreichische Beschäftigte und Unternehmen
Nur eine starke europäische Sozial- und Beschäftigungspolitik kann verhindern, dass sich Löhne und Arbeitsbedingungen in einem Unterbietungswettbewerb verschlechtern.
Besonders die Forderung nach kollektivvertraglichen Standards in der öffentlichen Auftragsvergabe würde auch österreichische Unternehmen schützen. Mit einer KV-Abdeckung von 98% in Österreich haben die meisten Unternehmen bereits einen Kollektivvertrag – sind aktuell aber im Billigstbieterverfahren oftmals unfairer Konkurrenz ausgesetzt.