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ÖGB-Bundeskongress: Kapitel zu Europa, EU & Internationalem beschlossen

Von 20. bis 22. Juni fand der 20. ÖGB-Bundeskongress statt. Neben personellen Weichenstellungen wurde auch das Programm 2023-2028 mit überwältigender Mehrheit angenommen. Eines der insgesamt neun thematischen Kapitel dieser inhaltlichen Positionierung heißt „Europa, EU und Internationales“. Als GPA haben wir uns bei der Erarbeitung dieses Kapitals aktiv eingebracht. Die wichtigsten Inhalte und Forderungen dieses Kapitels sind hier zusammengefasst:

Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, beim ÖGB-Bundeskongress. Christopher Glanzl

Europa und die EU

Die weitere Öffnung des europäischen Arbeitsmarktes und die damit verbundene Freizügigkeit von Personen und Dienstleistungen muss mit einer Stärkung sozialer Grundrechte einhergehen. Die EU bietet jedoch keinen ausreichenden Schutz essenzieller Arbeitnehmer:innenrechte. Dieser Konstruktionsfehler muss korrigiert werden. Die Ergänzung der EU-Verträge durch ein Soziales Fortschrittsprotokoll ist das zentrale, langfristige europapolitische Ziel von ÖGB und Europäischem Gewerkschaftsbund (EGB). Damit sollen die Rechte der Arbeitnehmer:innen Vorrang vor den unternehmerischen Grundfreiheiten erhalten. 

Die Europäische Säule der Sozialen Rechte (EPSR) bezeichnet die 20 sozial- und beschäftigungspolitischen Grundsätze der EU (2017 proklamiert). Der ÖGB fordert die konsequente, rechtlich verbindliche Umsetzung der Ziele der Europäischen Säule der Sozialen Rechte. Um Fortschritte in allen Mitgliedstaaten besser überwachen zu können, muss die EPSR stärker in das Europäische Semester integriert werden. Geschehen soll dies über die Einführung von europäischen effektiven sozialen Zielen, die Festlegung von Standards für eine Aufwärtskonvergenz und die Durchsetzung von sozialen Rechten sowie brauchbare Indikatoren, die die Erreichung all dessen messbar machen. 

Internationale Solidarität als Bestandteil gewerkschaftlicher Identität

Gewerkschaftliches Handeln kann niemals nur national erfolgen. Die globalisierte Wirtschaft wie auch andere Thematiken verpflichten auch uns, über unsere Staatsgrenzen hinaus zu denken, aktiv zu sein und, dort wo es notwendig ist, auch internationale Solidarität zu üben. Die Bedürfnisse und Interessen arbeitender Menschen in anderen Ländern zu berücksichtigen, muss für die Gewerkschafter:innen in Österreich eine Selbstverständlichkeit sein. Der ÖGB ist daher seit seiner Gründung international engagiert und setzt sich als Mitglied des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) und Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) für eine verbesserte globale Vernetzung der Gewerkschaften ein. 

Konflikte, Pandemien Klimaveränderungen und globale Wirtschaftskrisen treffen uns alle schwer. Und selbst das in den 1990er-Jahren in Europa überwunden geglaubte Phänomen des Krieges ist wieder nah an unsere Grenzen gelangt. Nur gemeinsam werden wir diese Problemstellungen überwinden können bzw. dazu beitragen, dass das Leben bei uns und in anderen Ländern friedlicher, ökologischer, gerechter und lebenswerter wird. Diese Kooperationen sind nicht nur über internationale Gewerkschaftsarbeit zu führen, sondern auch über multinationale Einrichtungen wie der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) und ihrer Teilorganisationen, hier vor allem der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Besonders im Bereich der Friedensarbeit und Konfliktlösung möchten wir in Hinkunft noch enger mir internationalen Institutionen zusammenarbeiten. 

Globale Herausforderungen

Die Lage unseres Planeten verschlechtert sich zusehends, die Klimakrise verändert die Welt in einer radikalen Art und Weise. Zu den Menschen, die schon jetzt aufgrund von Kriegen, Hunger und Wirtschaftsmisere flüchten, kommen nun auch jene hinzu, die aufgrund der Klimakrise ihre Heimat verlieren oder bereits verloren haben. 

Die Antwort der reichen Länder kann nicht in der Bekämpfung von flüchtenden Menschen liegen, sondern es gilt, gemeinsam die Fluchtursachen zu beseitigen und sich für die Menschen im Globalen Süden zu engagieren, um sie zu ermächtigen, selbst für ein besseres Leben vor Ort zu sorgen. Die Ausbeutung des Globalen Südens ist die Ressource für den Reichtum der Länder des Nordens. So müssen auch wir in Österreich dringend Verantwortung übernehmen, um das Überleben der Menschheit auf der Erde sicherzustellen. Dazu gehört unser kontinuierlicher Einsatz für die Demokratie und die Menschen- bzw. Gewerkschaftsrechte – nicht nur in Österreich, sondern überall dort, wo die Rechte der Arbeitnehmer:innen mit Füßen getreten werden.