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Slowakei: Budgetkonsolidierung zulasten von Arbeitnehmer:innen

Die slowakische Regierung hat Mitte September ein Konsolidierungspaket vorgelegt. 2,7 Mrd. Euro sollen eingespart werden – 1,13 Mrd. davon in der öffentlichen Verwaltung, insbesondere durch Wegfall von Valorisierungen bei den Gehältern. Alle Maßnahmen wurden ohne vorherige Kommunikation mit Gewerkschaften vorgestellt.

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Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge und Kürzung des Arbeitslosengeldes

Die Krankenversicherungsbeiträge sind in der Slowakei bereits sehr hoch: Arbeitgeber:innen zahlten bisher 11%, Arbeitnehmer:innen 4%. Nun wird auf Einkommensseite der Beitrag um 1% angehoben. Diese Maßnahme wird als Beitrag zur Sanierung des maroden Gesundheitssystems verkauft. Tatsächlich ist das Gesundheitswesen ineffizient. Private Anbieter dominieren und die Kostenwahrheit wird oftmals in Frage gestellt.

Hart treffen die Maßnahmen vor allem Arbeitslose. Zukünftig sollen sie Arbeitslosengeld nur mehr für drei Monate in der Höhe von 50% des letzten Einkommens beziehen. Im vierten Monat der Arbeitslosigkeit sind es dann nur mehr 40%, im fünften Monat 30% und im 6. Monat 20%. Nach sieben Monaten besteht kein Anspruch mehr.

Streichung von drei Feiertagen

Ab 2026 werden drei Feiertage in Gedenktage umgewandelt. Das bedeutet, dass sie zwar Feiertage, aber nicht arbeitsfrei sind. Dauerhaft gestrichen wird der 17. November, der Tag der Freiheit und Demokratie. Vorläufig ausgesetzt werden zwei weitere Feiertage – der 8. Mai und der 15. September. Das bedeutet nicht nur den Verlust von Freizeit, sondern auch den Wegfall von Zuschlägen für diejenigen, die an einem Feiertag arbeiten müssen.

Das ist keine neue Strategie. Bereits heuer wurde in der Slowakei ein Feiertag gestrichen. Das wurde jedoch von allen ohne Widerstand zur Kenntnis genommen.

Scheinselbstständigkeit und Flat-Tax

Die Slowakei rangiert mit ca. 110.000 Scheinselbstständigen an einer traurigen Spitzenposition im EU-Vergleich. Eine Änderung der pauschalen Betriebsausgaben, die derzeit bei 60% liegen, hätte zur Bekämpfung von Scheinselbstständigkeit beitragen können. Immerhin gibt es aber Ambitionen, die rechtliche Definition von abhängiger Arbeit zu schärfen.

Positiv ist wiederum der Ansatz, dass von einer Flat-Tax-Politik bei Lohn- und Einkommenssteuer auf Steuersätze umgestellt wird. Nach Staffelung des Jahreseinkommens soll es zukünftig Steuerklassen geben (> 44Tsd.€/Jahr 25%, > 60Tsd.€/Jahr 30%, >75 Tsd. €/Jahr 35%).

Gewerkschaftsproteste

Der Dachverband KOZ SR hat Protestaktionen geplant. Im öffentlichen Dienst gab es in verschiedenen Branchen Kundgebungen. Am 30. September gingen sie auf die Straße, um unter dem Slogan „Genug!“ gegen das ungerechte Konsolidierungspaket zu demonstrieren.

Die GPA-Partnergewerkschaft uniJA ist mit den Geschäftsführungen der Betriebe, in denen sie Betriebsorganisationen hat, in Verhandlungen getreten. Ziel ist es, dass die Unternehmen von sich aus den 17. November als arbeitsfreien Tag belassen und ihren Beschäftigten frei geben. In einigen Unternehmen ist das bereits gelungen.

Bedenkliche Entwicklung in der Slowakei

Dieses Konsolidierungspaket ist aber nur ein kleiner Aspekt bedenklicher Entwicklungen in der Slowakei. Gemeinsam mit Ungarn blockiert die Regierung regelmäßig EU-Sanktionspakete gegen Russland.

Ende September ist die slowakische Politik mit einer Verfassungsänderung noch einen Schritt weiter gegangen. Erstens wurde festgeschrieben, dass nationale Gesetze Vorrang vor EU-Gesetzgebung haben. Zweitens wurde beschlossen, dass es in der Slowakei nur mehr zwei Geschlechter, männlich und weiblich, geben wird. Beide Änderungen sind hoch problematisch und werden die Europäische Union vor enorme Herausforderungen stellen.