Wettbewerb vor Solidarität: Der dänische EU-Ratsvorsitz
Das dänische Programm setzt auf Militärausgaben und Wettbewerbsfähigkeit. Die Interessen von Beschäftigten bleiben untergeordnet.
Dänemark übernimmt in der zweiten Jahreshälfte 2025 den EU-Ratsvorsitz unter dem Motto „Ein starkes Europa in einer sich verändernden Welt“. Europa soll vor allem militärisch und wirtschaftlich gestärkt werden. Verbesserungen für Arbeitnehmer:innen finden sich nur vereinzelt.
Aufrüstung als Priorität Nummer eins
Die dänische Präsidentschaft setzt klare Prioritäten: „Europa muss bis 2030 fähig sein, sich selbst zu verteidigen“. Dafür sollen massive Investitionen in die Rüstungsindustrie fließen. Der ReArm Europe Plan wird vorangetrieben und die Verteidigungsindustrie „Made in Europe“ wird gestärkt.
Diese einseitige Fokussierung auf militärische Aufrüstung geschieht auf Kosten sozialer Investitionen. Während Milliarden für Waffen bereitgestellt werden, fehlen konkrete Zusagen für die Absicherung von Arbeitsplätzen, Gesundheit und Bildung.
Arbeitnehmer:innen als Wirtschaftsfaktor
Wenn das Programm über Beschäftigte spricht, dann hauptsächlich als Faktor zur Produktivitätssteigerung. Das europäische Modell hochwertiger Arbeitsplätze und guter Arbeitsbedingungen wird dabei auf seine Fähigkeit, Profite zu generieren, reduziert. Zwar werden „faire Arbeitsbedingungen“ und der soziale Dialog erwähnt, doch diese erscheinen hauptsächlich als Mittel zum Zweck der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit.
Klimawandel ohne soziale Gerechtigkeit
Die grüne Transformation soll Europa wettbewerbsfähiger machen. Aktuell fehlen verbindliche Garantien dafür, dass dieser Wandel auch gerecht abläuft. Beschäftigte in betroffenen Branchen erhalten nach wie vor keine Zusicherungen für Jobs oder Qualifizierungsangebote. Der Fokus des Programms liegt stattdessen auf technologischen Lösungen und privaten Investitionen. Die Rolle öffentlicher Investitionen in nachhaltige Infrastruktur und soziale Sicherheit wird hingegen kleingeschrieben.
Europa braucht mehr als Wettbewerb
Rechte und rechtsextreme Parteien, die oft enge Beziehungen zu Großkonzernen pflegen, die europäische Werte konstant untergraben, werden in Europa immer stärker. Diese Trends kann der dänische Ratsvorsitz nicht umkehren. Es liegt aber in der Macht eines Ratsvorsitzes, Minister:innentreffen zu organisieren und Positionen zu beschließen, die soziale Fragen wieder in den Vordergrund rücken und die Begriffe Sicherheit und Nachhaltigkeit endlich breiter fassen. Diese Chance wurde nicht genutzt.
Stattdessen setzt man auf eine alte Formel: Erst die Wirtschaft stärken, dann wird alles besser. Diese Strategie hat arbeitende Menschen und ihre Bedürfnisse aber im toten Winkel. Sie verstärkt Ungleichheiten und fördert das Erstarken rechter und rechtsextremer Parteien.
Was Europa wirklich braucht, sind starke Kollektivverträge, eine faire Verteilung von Gewinnen, die immerhin von Arbeitnehmer:innen erwirtschaftet werden, und eine Wirtschaftspolitik, die den Menschen dient.
Europäische Gewerkschaften arbeiten weiter
Die europäischen Gewerkschaften machen sich weiterhin für eine europäische Politik stark, die niemanden zurücklässt. Wir fordern unter anderem:
- Berücksichtigung sozialer Kriterien in der öffentlichen Auftragsvergabe: Aktuell werden Milliarden für Wettbewerbsfähigkeit und Verteidigung mobilisiert. Das ist nicht falsch, diese Gelder sollen aber nur an Unternehmer:innen fließen, die gute und fair entlohnte Arbeitsplätze bieten und angemessene Mitbestimmung ihrer Beschäftigten ermöglichen.
- Breites Verständnis von Verteidigung und Sicherheit: Sicherheit ist viel mehr als militärische Verteidigung, dazu gehören auch stabile Gesundheitssysteme, Energie- und Wasserversorgung, Mitbestimmung etc. Nur wenn all diese Aspekte berücksichtigt sind, kann Frieden wirksam geschützt werden.
- Sozial gerechter ökologischer Wandel durch Jobgarantien und Qualifizierung: Es steht außer Zweifel, dass unsere Wirtschaft ökologisch nachhaltiger werden muss. Arbeitnehmer:innen sind von Umstellungen am stärksten betroffen, können ihren Arbeitsplatz verlieren oder erleben, wie ihr Berufsbild verschwindet. Deshalb fordern wir Job- und Ausbildungsgarantien für betroffene Beschäftigte.