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Finnland: Einschränkung von ArbeitnehmerInnen-Rechten

Politik einer rechts-konservativen Regierung

Im Mai 2015 bildete sich in Finnland eine Regierung aus rechtspopulistischen, neoliberalen und konservativen Parteien. In ihrem Regierungsprogramm identifizierten sie „rigide Strukturen, Bürokratie, Überregulierung, Standardisierung und Starrheit der Arbeitsmärkte“ als eine der Schwächen von Finnland. Dementsprechend sahen auch ihre „Reform“-Vorschläge aus.

Wettbewerbspakt

Unter den Schlagworten „Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit“ und „Flexibilisierung“ setzte die finnische Regierung die Gewerkschaften gewaltig unter Druck, im Rahmen der Sozialpartnerschaft einen Wettbewerbspakt zu verhandeln. Dieser Wettbewerbspakt sah bspw. vor:

  • Keinerlei Lohnerhöhungen im Jahr 2017
  • Ausweitung der allgemeinen Arbeitszeit
  • Verlagerung der Beiträge für Pensionsversicherung und Arbeitslosenversicherung von ArbeitgeberInnen auf die ArbeitnehmerInnen
  • Senkung des Urlaubsgeldes um 30 % für alle öffentlich Bediensteten für den Zeitraum 2017 bis 2019

Erpressung der Gewerkschaften

Als die Verhandlungen über diesen Pakt im Herbst 2015 ins Stocken kamen, stellte die Regierung die Gewerkschaften vor ein Ultimatum.

Szenario 1: Die Gewerkschaften überschreiten ihre roten Linien und stimmen dem Wettbewerbspakt zu.

Szenario 2: Die Regierung beschließt ihr im Regierungsprogramm vorgelegtes Maßnahmenpaket über 1,5 Milliarden Euro Einsparungen. Dazu gehörten etwa Kürzungen bei der Arbeitslosenversicherung, Familien- und Studienbeihilfe. Die staatlichen Zuschüsse für Erwachsenenbildung sollten durch einen staatlichen Kredit abgelöst werden. Gleichzeitig sollten Steuern angehoben werden, etwa Elektrizitätsteuer und Einkommenssteuer. Zusätzlich zu diesem Maßnahmenprogramm drohte die Regierung der Gewerkschaft u.a. damit, die Regelung der Arbeitszeit aus der Kollektivvertragskompetenz zu nehmen.

Die finnischen Gewerkschaften entschieden sich letztlich dazu, dem Wettbewerbspakt zuzustimmen.

Kahlschlag in der finnischen Sozialgesetzgebung

Darüber hinaus läuft in Finnland die Umsetzung des übrigen Regierungsprograms, das im Bereich von Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik noch eine breite Menüliste neoliberaler Politik zu bieten hat. Beispielsweise wurde mit Wirkung 1. Januar 2016 die Einschränkung der Ladenöffnungszeiten aufgehoben. Alle Geschäfte und Friseursalons können 24 Stunden an sieben Tagen der Woche geöffnet bleiben, es bedarf dazu auch keiner Sondergenehmigung. Zudem wurde die Probezeit, während derer die Beschäftigten nur schwach abgesichert sind, von vier auf sechs Monate erhöht. Die Regierung schaffte ein Gesetz ab, das einem EUGH-Urteil entsprach und vorsah, dass sich Urlaub und Krankheit nicht überlappen dürfen und entsprechende Urlaubstage gutgeschrieben werden.

Echte Sozialpolitik statt Sparkurs

Die Krisenpolitik der letzten Jahre hat europaweit Wohlfahrtsstaaten untergraben und stellt soziale Sicherungssysteme in Frage. Zudem häufen sich Angriffe auf politische Grundrechte (wie etwa die Versammlungsfreiheit in Frankreich) und Gewerkschaftsrechte (wie etwa Autonomie bei Kollektivvertragspolitik). Es ist schwierig, in einem solchen Klima sozialpolitischen Fortschritt voranzubringen.

Auch Österreich ist diesem Druck ausgesetzt. Neben fiskalpolitischen Vorgaben empfehlen beispielsweise die Europäische Kommission oder die OECD schon seit Jahren, in Österreich „endlich“ das Pensionsantrittsalter anzupassen und die Pensionsautomatik einzuführen. Trotz Sparpolitik konnten bisher viele sozialpolitische Standards gehalten oder gar erhöht werden – sie sind jedoch nicht in Stein gemeißelt. Die österreichische Gewerkschaft kann und muss aus Beispielen wie dem finnischen Wettbewerbspakt lernen. Eine Situation, welche die Gewerkschaften zwingt zwischen Pest und Cholera zu wählen, muss verhindert werden. Dafür braucht es eine starke Bewegung und Solidarisierung der ArbeitnehmerInnen.