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EBR-Konferenz 2022: Wie die EBR-Richtlinie verbessert werden kann

Die jährlichen EBR-Konferenzen des Europäischen Gewerkschaftsinstitutes (ETUI) bringen regelmäßig BeschäftigtenvertreterInnen, GewerkschafterInnen, ExpertInnen und politische EntscheidungsträgerInnen zusammen, um relevante Forschungsergebnisse zu erörtern und über aktuelle Fragen der Arbeitnehmerbeteiligung zu diskutieren. Auch dieses Mal fand die Konferenz aufgrund der Corona-Pandemie wieder online statt. Im Mittelpunkt stand diesmal die EBR-Richtlinie.

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EBRs in der Praxis: Was funktioniert, was nicht?

Befragungen des ETUI zufolge geben nach wie vor 43% der EBR-Mitglieder an, erst nach einer von der Unternehmensleitung bereits getroffenen Entscheidung informiert und konsultiert worden zu sein. Lediglich 21% der Befragten wurden zeitgemäß unterrichtet und angehört. Neben dem Timing spielt bei den Informations- und Konsultationsverfahren auch die Qualität der Information eine erhebliche Rolle.

Nur 16% der EBR-Mitglieder gaben an, bei ernsthaften Konflikten mit der Geschäftsführung auch tatsächlich den Gerichtsweg beschritten zu haben. Als Gründe dafür werden vor allem die meist lächerlich geringe Höhe der Sanktionen angeführt.

Der Gerichtsweg: Was wissen wir über die Rechtsprechung zu EBR-Fällen?

In der EBR-Datenbank des ETUI sind Rechtsprechungen rund um den EBR zu finden. Darunter sind aus gewerkschaftlicher Sicht durchaus positive gerichtliche Entscheidungen abzurufen. Insbesondere rund um die praktische Auslegung der Informations- und Konsultationsrechte, den Umgang mit Vertraulichkeitsbestimmungen, aber auch was die Nachweisbarkeit der Transnationalität von Restrukturierung anbelangt.

Wie kommen wir zu einer besseren EBR-Richtlinie?

Ein weiterer Fokus der Konferenz lag auf dem legislativen Initiativbericht des EU-Parlaments zur Überarbeitung der EBR-Richtlinie. Als oberste Priorität einer Überarbeitung der Richtlinie hob der zuständige Abgeordnete und Berichterstatter Dennis Radtke (EVP) die bessere Anwendung und Durchsetzbarkeit von bereits bestehendem Recht hervor.

Die Nichteinhaltung von Informations- und Konsultationsrechten des EBR muss zu durchsetzbaren und wirkungsvollen Sanktionen gegenüber der Unternehmensleitung führen. Dabei geht es nicht nur um die Höhe der Strafen, sondern auch um aufschiebende oder aussetzende Maßnahmen, die gerichtlich durchgesetzt werden können. Die europäischen Gewerkschaften haben ihre Forderungen für eine Überarbeitung der EBR-Richtlinie bereits 2017 festgelegt.

Was passiert nach Verabschiedung des Initiativberichtes durch das EU-Parlament?

Die Positionierung des EU-Parlaments durch den Initiativbericht wird einen Regelungsvorschlag der EU-Kommission zur Folge haben. In der aktuellen Zusammensetzung der Kommission sieht Radtke durchaus Chancen, mit der Parlamentsinitiative auf Gehör zu stoßen. Der zuständige EU-Kommissar Nicolas Schmit (S&D) hat auch bereits angekündigt, offen für eine Überarbeitung der EBR-Richtlinie zu sein. Erwartungsgemäß ist aber mit viel Widerstand vonseiten der ArbeitgeberInnen bzw. auch einzelner Mitgliedstaaten im Rat zu rechnen.

Nach Verabschiedung des Initiativberichtes im Parlament kann also durchaus mit einem entsprechenden Richtlinienvorschlag des zuständigen Kommissars Schmit gerechnet werden. Danach wird eine Konsultationsphase mit den Sozialpartnern folgen. Radtke rechnet bis zum Ende dieser europäischen Legislaturperiode (2024) zwar noch nicht mit einer überarbeiteten EBR-Richtlinie, geht aber davon aus, dass bis dahin zumindest ein entsprechender Vorschlag der Kommission vorliegen wird.