Los Angeles: Wie Anti-Migrationspolitik alle Beschäftigten schwächt
Die aktuellen ICE-Razzien in den USA zeigen, wohin Anti-Migrationspolitik führt: Sie richtet sich gegen alle arbeitenden Menschen und schwächt demokratische Strukturen. Gewerkschaften leisten Widerstand.
Seit Jahren zeigen Studien, dass Menschen mit stabilen Arbeitsbedingungen und gewerkschaftlicher Vertretung deutlich seltener rechte und rechtsextreme Parteien unterstützen. Trumps aktuelle Politik der „Massenabschiebungen“ dreht diese Logik bewusst um: Sie schafft Unsicherheit und spaltet die Beschäftigten. Seit Mitte Juni führt die US-Einwanderungsbehörde ICE täglich hunderte Verhaftungen meist direkt am Arbeitsplatz durch – allein in Los Angeles über 1.500 in zwei Wochen.
Massenabschiebungen als Angriff auf Arbeitnehmer:innen
Donald Trump spricht von migrantischen Gemeinden als „kriminellen Schlägertruppen“. Tatsächlich wird aber nicht gegen Kriminalität vorgegangen. Dieses Vorgehen zielt darauf ab, Beschäftigte zu marginalisieren und arbeitende Menschen zu spalten. Gleichzeitig zeigen die Razzien eine neue Intensität: Verhaftungen erfolgen oft ohne Haftbefehl, maskierte Beamte in voller Montur gehen gegen unbewaffnete Menschen vor. David Huerta, Präsident einer der größten Gewerkschaften Kaliforniens, wurde verhaftet, als er bei einer ICE-Razzia Kolleg:innen unterstützte und auf die Einhaltung von deren Rechten achtete.
Gewerkschaften gegen Repression: Solidarität in die Praxis umsetzen
Die Verhaftung David Huertas löste Entsetzen aus und führte zu Protesten in den gesamten USA. Liz Shuler, Präsidentin des größten US-Gewerkschaftsbundes AFL-CIO, erklärte: „David hat getan, was wir in Gewerkschaften tun: Solidarität in die Praxis umsetzen und unsere Kolleg:innen verteidigen.“ Huertas Gewerkschaft SEIU United Service Workers West vertritt vor allem migrantische Frauen, die als Reinigungskräfte arbeiten.
Huertas ist einer von vielen Gewerkschafter:innen, die derzeit Proteste organisieren und Hilfe für betroffene Kolleg:innen auf die Beine stellen.
Leere Straßen, geschwächte Wirtschaft
Die ICE-Razzien verletzen nicht nur systematisch Grundrechte: Berichte dokumentieren stundenlange Festhaltungen ohne Wasser oder Toilettenzugang, willkürliche Verhaftungen auf offener Straße und den Einsatz maskierter Bundesagenten ohne erkennbare Rechtsgrundlage.
Es entstehen auch Zustände, die man während der COVID-Pandemie kannte: Ganze Stadtteile sind verwaist, Restaurants verzeichnen bis zu 50 Prozent weniger Umsatz, Geschäfte und Supermärkte sind praktisch leergefegt.
Ein Drittel aller Beschäftigten in Kalifornien sind Migrant:innen, und ganze Branchen wie Landwirtschaft, Bau, Gesundheit und Gastronomie sind auf sie angewiesen.
Europa unter Druck: Blick nach Österreich
Was in den USA geschieht, ist kein Einzelfall: Rechtsextreme, autoritäre Politiker:innen in Europa werden immer stärker und nehmen sich explizit Trump zum Vorbild. Die Methodik ist überall ähnlich: Erst werden migrantische Arbeitnehmer:innen, die oft ohnehin in prekären Situationen arbeiten, angegriffen, dann folgen umfassendere Attacken auf Gewerkschaften und Demokratie.
Der ITUC Global Rights Index zeigt solche Entwicklungen für Europa bereits klar auf: Seit mehreren Jahren entwickelt sich die Rechtslage von Arbeitnehmer:innen und Gewerkschaften in Europa negativ.
In Österreich hat mit der FPÖ bei der Nationalratswahl 2024 eine Partei die meisten Stimmen erzielt, die offen gegen Beschäftigte arbeitet: Sie hetzt gegen Migrant:innen, auf die auch bei uns diverse Branchen angewiesen sind; sie hat angestrebt, Jugendvertrauensräte, die Interessenvertretung von jungen Arbeitnehmer:innen im Betrieb, abzuschaffen und sogar auf EU-Ebene stimmt sie regelmäßig gegen Verbesserungen von Arbeitsbedingungen.
Starke Gewerkschafter:innen für eine gerechte Gesellschaft
Zugang zu gesetzlich geregelter Arbeit und kollektiv verhandelten Arbeitsbedingungen gehört zum Fundament einer gerechten Gesellschaft. Als Gewerkschafter:innen wissen wir, dass es dazu viel Engagement braucht.
Dafür gibt es viele Möglichkeiten – im Betriebsrat und außerhalb: informiere dich, sprich mit Kolleg:innen darüber, was euch beschäftigt – auch wenn ihr unterschiedliche Prioritäten und Ansichten habt. Unterstützt gemeinsam politische Kräfte, die für alle Beschäftigten eintreten.