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Arbeitszeitkonferenz 2018

Im Mittelpunkt der Konferenz standen die verschiedenen europäischen Arbeitszeitregelungen sowie innovative Arbeitszeitmodelle, die eine Verkürzung oder im Sinne der Beschäftigten eine Flexibilisierung der Arbeitszeit im Dienstleistungssektor vorsehen. Als gewerkschaftliches Handlungsfeld wurde die Kollektivvertragspolitik definiert.

Eröffnet wurde die Konferenz durch die GPA-djp Vorsitzende Barbara Teiber sowie von UNI Generalsekretär Oliver Röthig und dem UNI Europa Präsidenten Frank Bsirske (ver.di). Die inhaltliche Keynote zum Konferenzstart kam von ÖGB Präsident Wolfgang Katzian, der vor allem auf die Wichtigkeit der Planbarkeit von Arbeitszeit und Einkommen für die Beschäftigten hinwies, aber auch das Ungleichgewicht bei der Verteilung von Arbeitszeit zwischen Geschlechtern, Generationen und Berufsgruppen darstellte.

Studie zur Arbeitszeitpolitik im Dienstleistungssektor

Der Sozialwissenschaftler Roland Schneider erstellte im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung eine Studie zum Thema „Innovative Arbeitszeitpolitik im Dienstleistungssektor-Antworten der Dienstleistungsgewerkschaften auf arbeitszeitpolitische Herausforderungen“, die auf der Konferenz präsentiert wurde. Die wesentlichsten Inhalte der Studie sind hier kurz zusammengefasst:

Die Entwicklung der Arbeitszeit:

  • Die Verteilung von Arbeitszeit wird immer ungleicher: Zwischen den Geschlechtern, den verschiedenen Qualifikationsgruppen sowie den einzelnen Staaten
  • Flexibilisierung der Arbeitszeit durch:
  • Auflösung traditioneller Arbeitszeitmodelle
  • Zunahme der Überstunden
  • untypischer Arbeitszeiten wie wachsender Arbeit an Wochenenden

Mehr Mitsprache bei der Gestaltung der Arbeitszeit – Konturen gewerkschaftlicher Arbeitszeitpolitik:

  • Hohe tarifpolitische Priorität: Verbesserung der Mitbestimmung bei der Arbeitszeitgestaltung (Zeitsouveränität)
  • Mehr Freizeit statt höherem Gehalt
  • Gestaltung von Gleitzeitsystemen und Arbeitszeitkonten
  • Begrenzung von Überstunden
  • Tarifpolitisches Neuland: Regelungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie
  • Regulierung der Telearbeit
  • Recht auf Nichterreichbarkeit
  • Ausreichend Zeit für Weiterbildung
  • Flexibler Übergang in den Ruhestand

Erfolgreiche Modelle zur Verkürzung der Arbeitszeit

Im Anschluss an die Präsentation der Studie wurden folgende konkrete Beispiele zur Verkürzung der Arbeitszeit auf tarif- bzw. kollektivvertraglicher Ebene vorgestellt.

  • Freizeitoption und Freizeittage, GPA-djp (Präsentation; siehe Download)
  • Inter-Generationen-Vertrag, FNV (Präsentation; siehe Download)

Voraussetzung für eine erfolgreiche Gestaltung der Arbeitszeit auf Branchenebene ist die Miteinbeziehung der Beschäftigten in die Prozesse, bei denen sie bestenfalls Wahlmöglichkeiten zwischen einzelnen Modellen haben. Auch dazu wurden zwei Beispiele erfolgreicher Mitbestimmungsmöglichkeiten präsentiert.

  • Mitbestimmungskampagne der Deutschen Post (Präsentation; siehe Download)
  • Mitbestimmungskampagne der rumänischen Gewerkschaft im Finanzsektor (Präsentation; siehe Download)

Beschluss der Wiener Arbeitszeitdeklaration

Zu Beginn des zweiten Konferenztages wurde die Wiener Arbeitszeit Deklaration von UNI Europa beschlossen. Vor allem die ungleiche Verteilung der Arbeitszeit stand dabei im Mittelpunkt. Um dieser Entwicklung auf Tarif- bzw. Kollektivvertragsebene europaweit entgegen wirken zu können wurden sinngemäß folgende Punkte beschlossen:

  1. Mehr Flexibilität: Verkürzung und Neuverteilung von Arbeitszeit und Arbeitszeitvolumen im Sinne der Beschäftigten bei vollem Lohnausgleich
  2. Mehr Arbeitszeitsouveränität: Arbeitszeitvereinbarungen sollen an die unterschiedlichen Lebensphasen angepasst werden und den Beschäftigten mehr Mitbestimmung ermöglichen
  3. Lebenslanges Lernen: Mehr Geld in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen der Beschäftigten investieren

Kollektivvertragliche Regelungen zur Gestaltung der Arbeitszeit sollen im Sinne der Beschäftigten weiter ausgebaut werden, denn nur dadurch können branchenspezifische Abschlüsse erzielt werden. Die Mitbestimmung der Beschäftigten soll bei diesen Entscheidungsprozessen weiter ausgebaut werden. Ziel der Gewerkschaften ist es, den ArbeitnehmerInnen die Möglichkeit zu geben, Modelle zu wählen, die ihren Lebensphasen und Bedürfnissen gerecht werden.

Das neue österreichische Arbeitszeitgesetz

Abschließend fand eine Podiumsdiskussion zum neuen österreichischen Arbeitszeitgesetz und dem damit einhergehenden generellen 12-Stunden-Tag statt. Hier wurde vor allem die Solidarität deutlich spürbar, die den österreichischen Beschäftigten von den europäischen Partnergewerkschaften entgegengebracht wurde. Die negative Vorbildwirkung der österreichischen Bundesregierung, was diese Gesetzgebung anbelangt, wurde dabei deutlich sichtbar. Einig war man sich auch darüber, dass eine einseitige Politik, zulasten der Beschäftigten, was Arbeits- und Sozialgesetzgebung anbelangt, letztlich zu einem weiteren Rechtsruck in Europa führen wird und somit auch eine Gefahr für unser gemeinsames Europa darstellt.